Originaltitel: IL PARADISO DEL PAVONE

I/D 2021, 88 min
FSK 12
Verleih: Real Fiction

Genre: Drama

Darsteller: Dominique Sanda, Alba Rohrwacher, Maya Sansa

Regie: Laura Bispuri

Kinostart: 07.07.22

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Das Pfauenparadies

Kenne Deinen Nächsten

Man spürt gleich am Anfang, daß die Familienfassade Risse aufweist. Die Großmutter küßt eine Frau, der Sohn, der mit Frau und Tochter zum Geburtstagsbesuch eintrudelt, bringt einen Pfau mit. Jawohl, einen echten tiefseeblauen Pfau, der sein wunderschönes Federkleid mitten in der großelterlichen Wohnung zum Rad ausfährt, als er das Bild einer Taube entdeckt. Es ist eine schräge, absurde Situation, in die uns Laura Bispuri entführt.Es entblättert sich das Bild einer Familie, in der sich die Einzelteile um sich selbst und ihre Geheimnisse drehen und die Frage im Raum steht, wieviel wir eigentlich von unseren Nächsten wissen.

Die Szenerie spielt in einer sonnendurchtränkten Stadt am Meer. Ein Sepia-Schleier liegt über den Bildern, alles scheint überzuquellen mit vergangenen Leidenschaften. Das ist aber weder schwer noch anstrengend. Denn die Figuren, die Bispuri erschafft, sind tiefgründig und komplex. Da ist die Tochter der Geliebten, die nicht spricht, oder die eigene Tochter, die sich bisher nicht getraut hat, die Trennung von ihrem Ex zu verkünden, der dann selbst auftaucht und die neue Geliebte gleich mitbringt. Alle Geschichten sind fein miteinander verwoben und verbleiben auf einer rein erzählerischen, psychologischen Ebene, die sich langsam, aber stetig zuspitzt. Der Film ist ein Kammerspiel, elf Personen begegnen sich auf engem Raum auf der Suche nach innerer Freiheit, so wie der Pfau auch.

Am Ende eskaliert es natürlich, aber auch diese Eskalation ist präzise aufbereitet, so daß Raum bleibt, um darüber nachzudenken, welches Leben wir letztlich gelebt haben wollen, und an welcher Stelle es sich womöglich lohnt, innezuhalten und die Richtung zu ändern.

[ Claudia Euen ]