Wenn ein geliebter Mensch stirbt, zeigt das oft verheerende Auswirkungen auf seine Hinterbliebenen. Auch unzählige Filme haben sich bereits dieses Themas angenommen, aber fast immer die erwachsene Sicht geschildert. DAS ZAUBERFLUGZEUG beschäftigt sich nun damit, wie ein Kind mit solchem Verlust umgeht. Ein außergewöhnlicher Ansatz für ein adäquates Werk.
Als der 8jährige Charly zu Weihnachten von seinem Vater Pierre nicht das ersehnte Fahrrad, sondern nur ein Modellflugzeug geschenkt bekommt, ist er enttäuscht und läßt es auf dem Schrank verstauben. Das ändert sich indes nur zu schnell, denn wenige Tage später kommt Pierre ums Leben. Charly versteht nicht ganz, beobachtet die lähmende Trauer der Mutter Catherine, schaut zu, wie ein Arbeitskollege des Vaters persönliche Sachen abliefert. Eines Nachts erwacht das Spielzeug unvermittelt zum Leben – erst vorsichtig, dann mit überwältigendem Freiheitsdrang. Es fliegt selbsttätig, kommuniziert per Blinklicht. Doch Gefahr droht in Form der Erwachsenen, welche die Magie von Charlys neuem Freund nicht bloß erkennen, sondern verstehen wollen und das Flugzeug zwecks Labortests entführen ...
Das alles ist überaus behutsam inszeniert, meidet billige Tricks und empfiehlt sich im besten Sinne als Film für die ganze Familie, da die Geschichte auf vielerlei Ebenen funktioniert. Kleinen Zuschauern wird ein intelligentes Märchen präsentiert, dem sie leuchtenden Auges folgen können. Eltern dagegen bemerken, wie konsequent, dabei aber unaufdringlich hier der Zauber des Lebens den unwirklichen Realismus des Todes besiegt. Wenn das Spielzeug sich in himmlische Höhen schwingt, übersieht man einfach den deutlichen Computereffekt und bekommt tatsächlich eine Gänsehaut. Catherines erstes Lachen nach der Tragödie geht zu Herzen. Und das vorhersehbar-emotionale Ende ist zur Abwechslung kein Kitsch, sondern logischer Schlußpunkt.
Kritisiert sei zwar trotzdem, daß – vermutlich als Zugeständnis an die erwachsene Erklärungswut – ein ziemlich albernes Detail die Flugzeug-Magie begründen muß. Dem Reiz des Gesehenen tut allerdings nicht einmal dies echten Abbruch.
Originaltitel: L’AVION
F/D 2005, 94 min
Verleih: Farbfilm
Genre: Drama, Fantasy, Kinderfilm
Darsteller: Roméo Botzaris, Alicia Djémai, Isabelle Carré, Vincent Lindon, Nicolas Briançon
Regie: Cédric Kahn
Kinostart: 03.05.07
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...