Originaltitel: LA CHAMBRE DES MERVEILLES
F 2023, 99 min
FSK 12
Verleih: SquareOne
Genre: Drama
Darsteller: Alexandra Lamy, Muriel Robin, Hugo Questel, Xavier Lacaille
Regie: Lisa Azuelos
Kinostart: 16.05.24
Just bevor Regisseurin Lisa Azuelos ernsthaft damit begann, DAS ZIMMER DER WUNDER als ihr nächstes Projekt zu verinnerlichen, hatte sie das Gefühl, ihr eigenes Kino sei „in den Wechseljahren“ angelangt. Schöne Umschreibung für Ratlosigkeit! Dann aber kamen eben das fremde Drehbuch, die Zusage von Alexandra Lamy für die Hauptrolle sowie persönliche Einschläge vor und nach dem Dreh. Am Ende wurde aus dieser Bestsellerverfilmung schon mal ein veritabler Hit im Heimatland Frankreich. Es fügte sich. Für die extrem gefühlige Geschichte fügt sich am Ende ein bißchen zu viel, um sogar den mißtrauischen Kinogänger überzeugen zu können.
Schade ist speziell wohl eines: Selbst Buchautor Julien Sandrel mußte feststellen, daß das Drama auf der Leinwand nun viel weniger komödiantische Elemente begleiten würden als im Roman. Und das, wo die Lamy ihre sehr besonderen Stärken gerade im Komödiantischen hat. Was also bleibt, ist vor allem das Drama.
Der 12jährige Louis wird beim Skaten von einem Transporter angefahren und liegt fortan über Monate, vielleicht sogar bis zum ärztlichen Abschalten von Geräten im Koma. Die alleinerziehende Mutter Thelma findet im Kinderzimmer ein Heft mit Wünschen des Sohnes „von Dingen, die man vor dem Ende der Welt“ tun sollte. Mit Walen zu schwimmen wäre einer davon, halluzinogene Pilze zu essen ein anderer. Oder die Brüste der Mathelehrerin anzufassen und das eigene Skateboard vom japanischen Manga-Star KGI signieren zu lassen. Doch auch sehr Ernstes ist dabei: den Vater endlich kennenzulernen oder sich bei Mitschülerin Amara zu entschuldigen.
DAS ZIMMER DER WUNDER wird schnell zu Thelmas und damit Lamys Personalfilm, denn es ist an der Mutter, die Wunschliste ihres Jungen abzuarbeiten. Vielleicht kann sie ihn retten, wenn sie ihm im Krankenbett von all ihren Mühen berichtet? Thelma reist nach Japan, an die portugiesische Küste, sprüht gemeinsam mit Jugendlichen illegale Graffiti, kontaktiert telefonisch einfach mal so den Fußballclub Manchester United. Daß die pure Abfolge der guten Taten dabei nicht selten dramaturgisch stürzt und holpert, ohne essentiell tief die Seele zu packen, ist dem raumgreifenden Prinzip Hoffnung geschuldet, nach dem sich dieser Film einnordet. Nur sind Sätze wie „Im Leben ist es wie beim EKG: Verläuft es gerade, ist es der Tod“ noch nie eine große Hilfe gewesen.
[ Andreas Körner ]