Losgelassen wird besagter Mörder von Quentin Tarantino im Geiste des längst zu Grabe getragenen Schmuddelkinos, als Rückblende zu einer cineastischen Null-Periode, in der Vielfilmer für ungefähr 99 Dollar komplette Epen drehten, die dann technisch auch so aussahen. In denen nichtssagende Dialoge budgetschonend den Plot streckten, das begleitende Gedudel aus dem Synthesizer stammte und die rekrutierte Darstellerinnenriege blankzog, wenn ihr begrenztes Talent zur Neige ging. Eine qualitativ gesehen schreckliche, aber höchst erheiternde Zeit!
Und weil unser Quentin kein Freund halber Sachen ist, darf man sich in Hälfte Eins dann auch originalgetreu auf Bildaussetzer, Tonsprünge oder aus heiterem Himmel endende Szenen freuen, während die Mär vierer Mädels erzählt wird. Diese wollen einfach nur feiern, wofür eine texanische Bar dienen soll. Leider fungiert das Lokal jedoch als Jagdrevier von "Stuntman Mike", dessen größte Lust es ist, mit seinem Potenzschlitten junge Frauen zu blutigem Klump zu fahren. Was Tarantino Gelegenheit gibt, den Todescrash gleich mehrfach, aus Sicht jedes einzelnen Opfers, zu zeigen – gnadenloser kann Humor kaum sein.
Einige Monate später. Eine andere Damengruppe befindet sich ebenfalls in Partylaune und möchte zudem Abstand vom fremdvögelnden oder anderweitig unangenehm aufgefallenen Mannsvolk gewinnen. Also auf nach Texas. Man vertreibt sich und dem Zuschauer die Fahrtzeit mit weitschweifigem Geschnatter, wobei die Ladies dem grundsätzlich nur um das Eine kreisenden Sujet Tarantino-typisch natürlich unzählige sarkastische Spitzen oder krachlederne Oneliner ("No Dick On This Trip!") abringen.
Zumindest bis zur erwarteten Psychopathen-Attacke – dann brennt unvermittelt die Luft, was kaum verwundert, da Uma Thurmans KILL BILL-Stuntdouble Zoë Bell sich hier selbst spielen, ergo diverse Proben ihrer Kunst zeigen darf. Schlecht für Mike, denn die wehrhaften Weibsbilder treten ihm urgewaltig in den ... Weg.
Muß man jetzt eigentlich noch explizit erwähnen, daß ein gewohnt genialer Soundtrack sein Übriges tut, um diese satirische Nostalgie-Actionthriller-Geschlechterkampf-Serienkiller-Komödie mit Splatterhäubchen vom Mordsspaß auf Kultanwärterniveau zu erheben?!
Originaltitel: DEATH PROOF
USA 2007, 113 min
Verleih: Senator
Genre: Action, Komödie, Schräg
Darsteller: Kurt Russell, Rosario Dawson, Vanessa Ferlito, Rose McGowan, Zoë Bell
Stab:
Regie: Quentin Tarantino
Drehbuch: Quentin Tarantino
Kamera: Quentin Tarantino
Kinostart: 19.07.07
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...