D 2017, 109 min
FSK 6
Verleih: Filmarche
Genre: Drama, Polit
Darsteller: Sarah Graf, Ulf Peter Schmidt, David Schellenberg, Detlef Neuhaus, Jörg Messerschmidt
Regie: Samira Fansa
Kinostart: 01.02.18
Interessant an DECKNAME JENNY ist vor allem seine ungewöhnliche Entstehungsgeschichte. Der Spielfilm wurde ohne jegliche Förderung gedreht und kam allein durch Crowdfunding, privates Sponsoring und die Aufopferung aller Beteiligten zustande. Entstanden ist er im Umfeld des Berliner Vereins Filmarche, der eine selbstorganisierte Ausbildung im Filmbereich anbietet. Regisseurin und Drehbuchautorin Samira Fansa ist seit Jahrzehnten als linke Aktivistin bekannt. Einst warf sie einen Farbbeutel auf den damaligen Außenminister Joschka Fischer und mußte sich dafür vor Gericht verantworten. Vor einigen Jahren dann drehte sie den Dokumentarfilm VERDRÄNGUNG HAT VIELE GESICHTER über die Gentrifizierungsproblematik in Berlin.
Nun also ein Spielfilm, der diverse (linke) Diskurse (die Systemfrage, Sexualität, Geschlechterrollen, NSU, Flüchtlinge, Grenzen, Überwachung, freies Internet) aufgreift und in eine Geschichte verpackt. „Ein Film von uns – für uns. Schauspieler*innen und Aktivist*innen zusammen am Set“, heißt es auf der Website zum Film. Erzählt wird von einer taffen jungen Frau, die wütend ist angesichts all der haarsträubenden Ungerechtigkeit in der Welt. Zusammen mit einer Gruppe Gleichgesinnter radikalisiert sie sich zusehends und schreckt auch vor gewaltsamen Aktionen nicht zurück. Ihren Decknamen Jenny wählt sie in Anlehnung an Brechts berühmte Seeräuber-Jenny – nicht ahnend, daß ihre früh verstorbene Mutter einst den gleichen Decknamen wählte. Schließlich hat Jennys Vater von seiner eigenen linksradikalen Vergangenheit und der seiner Frau immer geschwiegen. Nun wird der mittlerweile arrivierte Mann angesichts des Weges, den seine Tochter einschlägt, vor eine schwierige Entscheidung gestellt.
Im Grunde ist DECKNAME JENNY ein Agitprop-Plakat im Spielfilmformat. Ob man mit seiner politischen Botschaft etwas anfangen kann oder nicht, sei dahingestellt. Das Übermaß an aufgewandtem Herzblut übersteigt jedenfalls die filmischen Mittel bei weitem. Die Erzählung holpert über knapp zwei Stunden Laufzeit dahin, die Figuren bleiben dabei bloße Chiffren. Das liegt am überwiegend hölzernen Spiel der Darsteller, an Dialogen, die über weite Strecken kaum mehr sind als aufgesagte Theoriesätze, und an einem Drehbuch, das zu viele Ideen in einen Film packen will. Daher dürfte es schwerfallen, ein Publikum jenseits der ohnehin überzeugten Kreise zu gewinnen.
[ Dörthe Gromes ]