Die ehemaligen Mitglieder des „Brat Pack“ scheint ein Karrierefluch zu verfolgen: Demi Moore, Rob Lowe, Molly Ringwald und der Rest – sämtlich weg vom Fenster. Aber halt! Führte Emilio Estevez nicht beim akzeptablen BOBBY Regie? Genau! Jetzt tut er es wieder. Ob mit Erfolg, sei hier untersucht.
Es geht um Augenarzt Tom, welchen eine traurige Nachricht erreicht: Sohn Daniel verstarb auf dem Jakobsweg. Obwohl beide Männer kein sehr enges Verhältnis pflegten, macht sich Tom auf, Daniels Wunsch zu erfüllen, ergo den Jakobsweg zu beschreiten. Nach und nach schließen sich drei weitere Personen mit differierenden Motiven sowie aus unterschiedlichen Ländern an, um gemeinsam auf die Reise entlang des Camino und letztlich zum eigenen Ich zu gehen. Vorweg: Estevez hat keinen per se schlechten Film gedreht. Aber einen mit so argen Problemen, daß dieser Weg kaum zum Rhythmus findet, sondern insgesamt eben wie eine Ansammlung von Schritten, Stolperern und Umknickern wirkt. Woran liegt’s? Nun, zunächst mal an Estevez’ Unvermögen, die Darsteller zu bändigen; irgendwie macht jeder, was er oder sie will. Während beispielsweise Deborah Kara Unger wie gewohnt erfolgreich die Macht ihrer Katzenaugen ausspielt, brütet Martin Sheen stoisch vor sich hin, erreicht den Mimik-Tiefpunkt beim Versuch, den Betrunkenen zu geben, wird aber trotzdem noch von James Nesbitt unterboten, welcher sich wohl im Volkstheater wähnt und schlicht nervt.
Hinzu gesellen sich allerhand Klischees – Estevez verzichtet nicht darauf, die spanischen Roma als lustiges, ums Feuer tanzendes Völkchen zu inszenieren, läßt einen Gesetzeshüter zwangsweise reingequetscht, ohne Handlungsrelevanz, ebenfalls den Tod seines Kindes beklagen, oder rückt sich permanent selbst ins Bild, indem er Daniels immer wieder am Wegesrand auftauchende Erscheinung verkörpert. Derlei Spielchen bauen dem spirituellen Ansatz ebenso Hürden wie das vermutliche Bemühen, modernen Sehgewohnheiten zu entsprechen: So schöne Aufnahmen die Kamera häufig einfängt, sie zerstört ein im Kontext der gesuchten Ruhe geradezu hektischer Schnitt.
Wenn sich dann schließlich „Thank U“ von Alanis Morissette in die Gehörgänge bohrt, schrammt das Ganze nur hauchdünn an der Parodie entlang. Wobei es andererseits über fünf Ecken indirekt auch schon wieder passen mag, schließlich hat die Popschnepfe ja einst Gott gemimt.
Originaltitel: THE WAY
USA/Spanien 2010, 123 min
FSK 0
Verleih: Koch Media
Genre: Drama
Darsteller: Martin Sheen, Deborah Kara Unger, James Nesbitt, Tchéky Karyo
Stab:
Regie: Emilio Estevez
Drehbuch: Emilio Estevez
Kinostart: 21.06.12
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...