Originaltitel: THE DEPARTED
USA 2006, 146 min
Verleih: Warner
Genre: Drama, Thriller, Gangster
Darsteller: Matt Damon, Leonardo DiCaprio, Jack Nicholson, Martin Sheen, Alec Baldwin, Ray Winstone, Mark Wahlberg
Regie: Martin Scorsese
Kinostart: 07.12.06
Die Ironie des Schicksals will es wohl, daß Martin Scorsese bei der nächsten OSCAR-Tombola nicht ganz leer ausgehen soll. Ironisch schon deshalb, weil Scorseses brillante Werke aus den 70ern und 80ern nie beachtet wurden, er mit ambitionierten, aber eben doch schlingernden, episch aufgeblasenen Spätwerken wie AVIATOR und THE GANGS OF NEW YORK stets knapp vorbeischrammte, und nun die altersgreise Jury Milde zeigen und ihm die Trophäe ausgerechnet für einen Film geben wird, der - wie Marty und die mühseligen Werbestrategen unermüdlich behaupten - nur lose auf Motiven des jungen Hong-kongkino-Klassikers INFERNAL AFFAIRS basiert. Ein Remake also, ein ziemlich exakt nacherzähltes und sehr müdes zudem.
Die Story an sich ist nicht der Knackpunkt: Zwei junge Polizisten arbeiten als Maulwurf, der eine von der Polizei gesandt und auf den Mafiaboß Costello angesetzt, der andere von Costello gesandt und in den Apparat der Polizei geschleust. Der Reiz liegt am inneren Konflikt der Typen, am Vexierspiel mit (Zuschauer-) Erwartungen, am doppelten Boden und der daraus resultierenden Frage: Wem kannst Du eigentlich noch vertrauen? Die aber stellt sich bei Scorseses Versuch einer Neuanreihung gar nicht, weil er nicht der Effizienz der Vorlage traut, die in knackigen anderthalb Stunden den Betrachter visuell, psychologisch und emotional auf Achterbahnfahrt schickt. Scorsese wiederum breitet sich aus, überläßt alle Figuren bis zur Endlosigkeit ihren Schwafeleien, schreibt den Schauspielern nach dem Mund - weshalb Jack Nicholson als Costello einmal mehr die Zampano-Nummer fährt, die man mittlerweile nur noch müde durchwinkt. Das Thrillernde, das Nichtgezeigte - und besser noch - das Nicht-Ausgesprochene, das Nervöse, all das kriegt Scorsese nicht in seinen Film. Vielleicht liegt es daran, daß er sich eben doch zu sklavisch an die Vorlage hält, was zum einen unnötig, zum anderen dem Künstler Scorsese nicht würdig ist. Und vor allem ist dies die höchstsichere Falle, in die man bei Remakes überhaupt tappen kann. Auch wenn dies ja keines sein soll ...
Bleibt noch zu ergründen, welchen Narren Scorsese eigentlich an Leonardo DiCaprio gefressen hat. Der scheint noch immer in der Protestphase von JIM CARROLL hängen geblieben zu sein, also mimische Dauerschleife aus Zornesfalte und offenem Mund. Aber einer überrascht eben doch: Mark Wahlberg hat eine kleine feine Rolle als harter, unkonventioneller und roh agierender Bulle, die er - die eigentliche Sensation des Films - mit einer Lässigkeit ausfüllt, uneitel, auf den Punkt und fernab jede Kreativität lähmenden Method Actings. Ihm gehört die Schlußszene, was gut ist. Was blöd bleibt, daß sich Scorsese - gegen die Vorlage des geschätzten Andrew Lau - mal wieder für ein moralisch sauberes Ende entschied.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.