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Der bayerische Rebell

I bin oiwei I, oh oh oh

Beckstein, Beckstein, alles muß versteckt sein! Der bayrische Innenminister hat seine Augen und Ohren überall, besonders aber beim Söllner Hans. Der Mundart-Reggae-Musikant aus Bad Reichenhall streitet für die Freigabe von Marihuana, vergleicht Stoibers Oberwachtmeister mit Vogeldreck, den Staatsanwalt mit einer Hämorrhoide und schafft seinen Grasvorrat gleich selbst zur Polizei. So verdient man sich nicht nur die volle freistaatliche Aufmerksamkeit und den Auftritt bei Biolek, sondern auch ein jugendliches Publikum, das dem Fastfünfziger seit Jahren nachwächst wie der Hydra die Köpfe.

Der aus Baden gebürtige Saupreiß’ Andi Stiglmayr spürt nun dem weiß-blau umwölkten "Phänomen Hans Söllner" nach, das ohne nennenswerte Zuwendung durch die Medien für viele zum Symbol eines deftig-anarchischen Widerspruchsgeistes geworden ist. Er hat sich des gelernten Kochs und ungelernten Widerspenstlers angenommen und dem Volksmusiker der besonderen Art einen eben solchen Heimatfilm gedreht, der sein geistiges Herkunftsland zwischen Radl Foahrn, Globalkritik, Lokalkolorit und nackert Baden porträtiert.

Söllner, Ex-Freundin Gabi sowie skeptische Lederhosen- und Dirndlträger kommen zu Wort. Konzertmitschnitte und Impressionen aus den Räumlichkeiten der Justiz zeigen, daß die bayrischen Behörden ihrem Spezi mindestens ebenso verbunden sind, wie die textsichere Anhängerschaft. Selbst sächsische Zuhörer in Greifenstein begeistern sich fürs ungewohnte Idiom und lassen sich gern fragen, warum sie die Mauer damals nicht gleich wieder aufgebaut hätten. Kommentare dazu liefert der Porträtist nicht, denn wie die Fans feiert auch er eine Art fröhlichen Gottesdienst für eine rauhe, bayrische Kehle, die mit Volkes Stimme singt. Sie klingt mal high, mal nach Müllers Lieschen oder Lessings Nathan, aber immer echt - auch echt gewieft. Längst ist Söllners Intimfeindschaft mit der Staatsgewalt Teil der Bühnenshow geworden, seine Texte zum Protokoll erstaunlicher strafrechtlicher Ausdauer, über die sich auch befragte Journalisten nur wundern können.

Verstimmt kann Volkes Stimme sein, wenn eine Polizistin dreist versichert, daß sie Reggae mag. Söllner mag die Dame nicht. Doch er tröstet: "Vor mir san oale Menschen gleich."

D 2003, 92 min
Verleih: Neue Visionen

Genre: Dokumentation, Musik

Darsteller: Hans Söllner, Gabi Benkert, Christoph Süß

Stab:
Regie: Andi Stiglmayr
Drehbuch: Andi Stiglmayr

Kinostart: 17.06.04

[ Sylvia Görke ]