Originaltitel: THE BEAVER
USA 2011, 91 min
FSK 6
Verleih: Concorde
Genre: Drama
Darsteller: Mel Gibson, Jodie Foster, Anton Yelchin, Jennifer Lawrence
Regie: Jodie Foster
Kinostart: 19.05.11
Der personelle Hintergrund zu diesem – so viel vorab – beeindruckenden Film hat ein Geschmäckle: Die sich spät, aber immerhin, als Lesbe geoutete Filmemacherin Jodie Foster dreht mit dem sich früh, leider öfter, als reaktionär, juden- und gern auch mal homofeindlich gebärdenden Schauspieler Mel Gibson. Und um noch einen draufzusetzen: Sie spielt auch höchstselbst seine Filmgattin, es kommt also mindestens zum Kuß.
Diese Konstellation, so schräg sie sich erst einmal anfühlt, zeugt von Courage und noch mehr von der künstlerischen Intelligenz Fosters, denn Mel Gibson ist der Beste für diese Rolle. Warum? Nun, er spielt einen Mann, der sich demontiert, der aus der Bahn geworfen wird. Durch beruflichen und gesellschaftlichen Druck, durch daraus resultierende eheliche Probleme – er wird krank. Anfangs spielt Foster mit den Deutungsebenen: Es könnte Burn-Out sein, eine Lebenskrise, vielleicht ein richtiger Dachschaden – denn der Einzige, mit dem Walter Black im Moment klarkommt, ist ein Biber. Kein richtiger, sondern eine Handpuppe aus Plüsch, und über dieses Kuscheltier kommuniziert Walter ab sofort, was die Dinge eben nicht leichter macht. Jodie Foster macht das Klügste aus dieser Exposition, was man machen kann: Sie verweigert sich der Komödie und erzählt ein handfestes (Familien-)Drama. Walter ist derart done, daß seine Frau nicht weiter weiß, seine Kinder sich teils fürchten vor ihm, mindestens aber empfinden sie Scham. Walter ist am Ende, selbst absurde Selbstmordversuche scheitern an seinem definitiv kaputten Zustand, Licht zeigt sich erst wieder, als eben der Biber mit ihm spricht ...
Jodie Foster, die Regisseurin, steht zu ihrer Hauptfigur, appelliert nicht ans Mitleid, beschwört nicht den Zeigefinger oder wühlt im moralinsauren Gesellschaftsbaukasten, sie erzählt einfach von einem, der lange Zeit im Bett war, dann schließlich durchdreht, dem sie aber – und da liegt das Meisterliche in ihrer Erzählung – die Meise durchaus zugesteht. Wenn ihm allerdings auch nur schwer zu helfen ist. DER BIBER erzählt von Überforderung, in diesem Fall allerseits, streift die Krankheit Schizophrenie, gönnt sich und dem Publikum durchaus auch immer mal einen zweiten Boden der Interpretation und kommt dadurch ehrenvoll ins Ziel: ohne ein tränenrühriges Happy End und gerade deshalb mit großer Empathie beim Publikum.
Beeindruckend ist dabei, wie Jodie Foster (und auch Mel Gibson durch sein erstaunlich greifbares Spiel) es gelingt, weitere Hollywood-typische Wege zu verlassen: Denn auch wenn die erste Botschaft im Kennenlernen zwischen Walter und dem Biber die alte Leier von „Everybody Needs A Friend“ ist, sind die Erzähl- und mögliche Lösungswege aus der Krise ohne Schablonenklamauk und Opferkitsch gepflastert, denn der Biber kann auf Dauer kein Freund sein. Er gibt dem Leiden Walters Gesicht und Stimme und fügt ihm letztendlich sehr großen körperlichen Schmerz zu, der vielleicht hilft, den psychischen in den Griff zu kriegen. Ein großes Drama, das durchaus Hoffnung suggeriert – das muß man erst einmal glaubwürdig hinkriegen.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.