Originaltitel: THE BRUTALIST

USA/GB/Ungarn 2024, 215 min
FSK 6
Verleih: Universal

Genre: Drama

Darsteller: Adrien Brody, Felicity Jones, Guy Pearce

Regie: Brady Corbet

Kinostart: 30.01.25

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Der Brutalist

Kino aus einer anderen Zeit

Selbst die Musik erzählt vom Bauen und Werkeln. Es pocht und klopft und scheppert, dazwischen tönen brachiale Blechbläser, die diese amerikanische Zeitreise zwischen kakophonischem Lärm und imposantem Orchester-Score begleiten. Bei Brady Corbet werden die Geschichte und ein ganzes Land zur ewigen Baustelle und Sisyphusarbeit erklärt. Sie wird sich als Tortur und Schaukampf zwischen denen entpuppen, die viel haben, und denen, die ihre Träume an sie verkaufen müssen.

DER BRUTALIST folgt in Corbets Schaffen auf zwei Auseinandersetzungen mit dem Faschistoiden aus historischer und gegenwärtiger Perspektive – THE CHILDHOOD OF A LEADER und VOX LUX. Mit diesem neuen Werk katapultiert sich der Regisseur nun in die A-Liga des internationalen Autorenkinos. Es ist der Versuch eines Großwerks, eines üppigen Filmepos’ à la Sergio Leone oder Francis Ford Coppola, konzentriert auf wenige Figuren, an deren Konflikten sich ein ganzes Epochenporträt entfaltet. Über 200 Minuten nimmt sich der Film Zeit, um ein Stück Zeitgeschichte wieder zum Leben zu erwecken. Der unvergleichliche Adrien Brody brilliert dabei als Schmerzensgestalt. Einen jüdischen Architekten spielt er, László Tóth, der den Holocaust überlebt hat und Ende der 40er-Jahre zunächst ohne seine von Krankheit gezeichnete Ehefrau in die USA übersiedelt. Armut, Drogen, Kohlen schaufeln: Erst Stück für Stück gelingt diesem Mann der Aufstieg, als er von einem Tycoon mit einem gigantomanischen Bauprojekt beauftragt wird, das alle Beteiligten an ihre Grenzen bringt.

Der scheiternde American Dream, erzählt anhand der fiktiven migrantischen Biographie, kippt in Dekadenz und Mißbrauch, bis er seine Welt aus den Angeln hebt, in der bereits in der eindringlichen Ouvertüre die Freiheitsstatue schräg- und kopfsteht. Ökonomische Abhängigkeiten, zankende Egos, Holocaust, Fremdheit, Antisemitismus und Rassismus, künstlerische und erotische Obsessionen, Streben bis zur Selbstvernichtung: Corbet packt die ganz großen Themen in dieses Mammutwerk, eingefangen in unvergeßlichen analogen VistaVision-Bildern. Während Corbets Protagonist versucht, seiner Vergangenheit zu entkommen, setzt die ästhetische Vision dieses sogenannten großen Kinos, das sich zuvorderst aus Normen des 20. Jahrhunderts ableitet, zum beherzten Sprung in das Gestern an.

[ Janick Nolting ]

Der Brutalist ab heute im Kino in Leipzig