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Der Effekt des Wassers

Schwimmen lernen für Verliebte

Wer sich Hals über Kopf verliebt, gerät ins Schwimmen. Eine einfache Metapher, die die romantische Komödie auch gar nicht mit zusätzlicher Bedeutung aufladen will. Verliebt ist der schüchterne Kranfahrer Samir in die energische Schwimmlehrerin Agathe, die ihn allerdings noch gar nicht zur Kenntnis genommen hat. Also meldet er sich zum Schwimmkurs an und simuliert, keinerlei Erfahrung mit dem Wasser zu haben. Das sichert ihm zwar ihren Respekt („In diesem Alter schwimmen lernen!“), definiert aber auch das größte Hindernis. Denn Agathe liebt nichts so sehr wie die Wahrheit.

Das erste Drittel des Filmes spielt fast ausschließlich im kommunalen Schwimmbad der Kleinstadt Montreuil. Und hier findet der Film alles, was er braucht, um eine in sich geschlossene Welt, ein kleines Universum zu kreieren, in das man als Zuschauer sorglos eintauchen kann. Das Schimmern des Wassers im Kunstlicht, das Gurgeln beim Abtauchen, Samirs zu knappe Badehose mit Palmenaufdruck, das leicht skurrile Personal – jedes Detail fügt sich harmonisch ein. Auf zauberhafte Weise verschiebt sich der Alltag in der öffentlichen Anstalt zugleich ins Irreale. Bis Samirs Schwindel auffliegt.

Auf den begrenzten Raum des Bades folgt nun überraschend die Weite Islands. Agathe nimmt dort an einem internationalen Kongreß für Bademeister teil. Samir reist ihr nach, in der Hoffnung, das Mißverständnis zwischen ihnen zu klären. Und wieder gerät er in eine ihm fremde Rolle, als vermeintlicher israelischer Delegierter. Das kitschige „Together“-Zukunftsprojekt, das er sich in seiner Not ausdenkt (ein Schwimmbad für Israelis und Palästinenser), macht ihn zum Liebling der Konferenz. Sehr zum Ärger von Agathe, die gerade von „Together“ nichts mehr wissen will.

Feen, Geysire und Zaubersprüche fließen von nun an ebenso selbstverständlich in die Handlung ein wie nordisches Hightech der Extraklasse. Die isländisch-amerikanische Regisseurin Sólveig Anspach, die ihr Handwerk in Frankreich lernte, fühlt sich ganz zu Hause und blickt mit liebevoller Ironie auf ihre Landsleute ebenso wie auf die unbeholfenen Fremden. Auch Island ist bei ihr eine Welt für sich.

DER EFFEKT DES WASSERS ist ein schwereloser Film, der sich von seiner Lebenslust tragen läßt. Das fällt umso mehr auf, als er erst postum, nach Anspachs frühem Tod im Sommer 2015, fertiggestellt wurde. Der Schnitt war zu dreiviertel beendet.

Originaltitel: L’EFFET AQUATIQUE

F/Island 2015, 83 min
FSK 6
Verleih: Arsenal

Genre: Komödie, Romantik

Darsteller: Florence Loiret Caille, Samir Guesmi, Didda Jónsdóttier

Regie: Sólveig Anspach

Kinostart: 25.05.17

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...