Rührend und beflissen sorgt sich der Lehrer eines tadschikischen Dorfes um seine Mitmenschen, ohne je an den eigenen Vorteil zu denken, obwohl seine Familie in bitterer Armut lebt. Doch als der reiche Nachbar in unmittelbarer Nähe seines Hauses ein übel stinkendes Toilettenhäuschen errichtet und schließlich noch seiner Frau nachstellt, wird der Unmut des sonst so friedfertigen Gelehrten geweckt. Zunächst noch auf den Gerechtigkeitssinn der Obrigkeit vertrauend, wendet er sich an den Vorsitzenden der Gemeinde. Doch der winkt gleichgültig ab und belehrt den Hilfesuchenden über die Freiheiten des Privatbesitzes. Nun gilt es, das Recht in die eigenen Hände zu nehmen. Das Grundstück neben dem des Gemeindevorstehers wird erworben, und der Lehrer hebt eine riesige Latrinengrube aus, die allen Dorfbewohnern in Zukunft dazu dienen soll, ihre Notdurft zu verrichten. Natürlich ist der neue Nachbar mit dieser Auslegung seiner eigenen Vorschriften nicht einverstanden und droht mit Repressalien.
In Zeiten, die Ungerechtigkeit oft nur zynisches Schulterzucken entgegenzusetzen haben, scheinen moralische Parabeln kaum noch angemessen. Doch dieses kleine, stille Dorfmärchen behauptet sich gegen alle Abgeklärtheit. Einfach und ohne lehrreiches Geschwätz entspinnt sich die gleichnishafte Geschichte. Gesprochen wird, was nötig ist. Die Charaktere sind so zurückhaltend gezeichnet, daß sie als Typen klar erkennbar bleiben, karge Bilder vermitteln Wahrhaftigkeit. Als ethischer Horizont für den verbitterten Nachbarschaftsstreit dient eine alte Geschichte aus den Zeiten Alexanders des Großen, die der Lehrer seinen Schülern erzählt. Immer ist sie unaufdringlich anwesend, ohne die erdigen Vorgänge zu Beiwerk zu degradieren. Trotz aller Lehrstückhaftigkeit bleibt so vor allem mitfühlende Sympathie für den Zorn des Gerechten.
Originaltitel: PARVOSI SANBUR
Tadschikistan/Südkorea 1998
Verleih: Neue Visionen
Genre: Poesie, Tragikomödie
Darsteller: Muhammadjon Shodi, Mastura Ortik, Taghoymurod Rozik, Fakhriddin Fakhriddin
Regie: Jamshed Usmonov, Min Wen Hun
Kinostart: 25.01.01
[ Sylvia Görke ]