D 2019, 72 min
FSK 6
Verleih: Salzgeber
Genre: Dokumentation, Biographie, Polit
Regie: Andreas Goldstein
Kinostart: 11.04.19
Wenn man das zweifelhafte Vergnügen hatte, eine gewisse Lebenszeit in der DDR zugebracht zu haben, mag es einem ein Rätsel sein, mit welcher Zähigkeit und Empathie einstige DDR-Mitbürger auf dieses Land latent deprimierender Kleinkariertheit und staatlicher Repression immer wieder mal Schwanengesänge anstimmen. Es war nicht alles schlecht und gut gemeint sowieso? Nun ja, so unterschiedlich können subjektive Empfindungen und Erfahrungen sein. Zugeben muß man dennoch, daß manche dieser Schwanengesänge dann doch sehr schön anmuten; zumal, wenn sie sich als solche nicht gleich zu erkennen geben oder vielleicht nicht mal gemeint sind. Wie im Falle von DER FUNKTIONÄR.
Ein Filmessay über Klaus Gysi (1912-1999), erzählt aus der Perspektive des Sohnes Andreas Goldstein. Und ein Blick auf die DDR, die Geschichte und jene mit ihr einhergehenden Verflechtungen von Glauben und Handeln, Idealismus und Opportunismus, Selbstbetrug und Resignation, die die Biographien ja so einiger aus jener Generation durchzieht, die nach Nationalsozialismus und Krieg die sozialistische DDR für das wahre „neue“, das „bessere“ Deutschland hielten.
Im Wesen des Funktionärs liegt es zu funktionieren. Und funktionieren ist eine deutsche Tugend. Die dann auch ein deutscher Jude wie Gysi verinnerlicht hatte. Worin fraglos eine Tragik schwingt, die Goldsteins Film jetzt auf stille, undaufdringliche Art greifbar macht. Mit alten, stimmigen DDR-Atmosphäre-satten Schwarzweißfotografien, mit TV-Archivaufnahmen, die den Vater rhetorisch gut funktionierend im DDR-Fernsehen oder späterhin, genau dieses Funktionieren kritisch reflektierend, im Gespräch mit Günter Gaus zeigen. Es entspannt sich dabei ein Leben, dessen Weg, angefangen bei politischen Erweckungserlebnis Gysis (als Jugendlicher wird er Zeuge, wie Polizisten einen demonstrierenden Arbeiter erschießen) hin in die KPD und zum Widerstand, späterhin zum Posten des Kulturministers der DDR führt.
Mit deren Ende dann nur noch, so Goldstein, eine Welt zwischen „Börsenkrach und Krieg“ bleibe. Womit er dann doch noch ganz gut zu vernehmen ist, der Schwanengesang, inklusive einiger den Blick in Sentiment trübender Krokodilstränen. Als wäre die Welt mit der DDR und jener von Anfang an verkorksten Utopie, der sie erwuchs, eine bessere gewesen. Aber gut: So unterschiedlich können subjektive Empfindungen sein.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.