Wenn Sie demnächst mit der Zunge einen Regentropfen aufschlecken, sollten Sie Geld bereithalten. Nur für den Fall, daß er inzwischen jemandes Eigentum ist. So geschehen im bolivianischen Cochabamba, dem im Tauschhandel gegen internationale Finanzhilfen das Wasser vom Himmel gestohlen wurde, lyrisch gesagt. Im Wirtschaftswesen nennt sich das Privatisierung und ist offiziell dazu angetan, besonders Dritt- und Schwellenweltlern beim aufrechten Gang unter die Arme zu greifen.
Diesem Gang, mag er verzweifelt sein, verbittert oder von Sarkasmus begleitet, wie beim nunmehr "privatisierten" britischen Eisenbahner Simon, ist der Dokumentarfilmer Florian Opitz über mehrere Kontinente nachgereist. Während Simon noch über die Geschmacklosigkeiten der wechselnden British-Railway-Nachfolger schmunzelt - Uniformen in fröhlichem Dunkelblau, Mausegrau und Flaschengrün - entdeckt Opitz absurde Kollateralschäden an den Nebenstrecken der globalen Privatisierungswelle. Dabei hat er eine repräsentative Beispielsammlung zusammengetragen, die ihre Meinung hinter keinem Berg versteckt - nicht hinter bolivianischen Gebirgsmassiven und nicht hinter Hügellandschaften von Pro, Kontra und Eigentlich.
Die Eindeutigkeit der Argumentation, das Unmißverständliche speist sich aus den "bedauerlichen Einzelfällen", die Opitz auf seiner filmischen Weltreise entdeckt. Es sind private Geschichten von verhökertem gesellschaftlichen Eigentum wie die der Philippina Minda, die mit ihrem nierenkranken Sohn nicht mehr aufs nationale Gesundheitsgrundstück darf. Es sind Geschichten von Kämpfen ums Wasser, die das erwähnte Cochabamba nach kriegsähnlichen Aufständen gewinnen konnte, oder von Auseinandersetzungen mit dem Strommonopolisten Eskom in Soweto, die zumindest Guerilla-Elektriker Bongani, der noch die lebloseste Leitung wieder ausgrub, nicht überlebte (" ...starb nach den Dreharbeiten unter ungeklärten Umständen").
Vielleicht ist hier nicht zu erkunden, was die Welt im Innersten zusammenhält. Sehr wohl aber klärt Opitz sachlich wie emotional darüber auf, wem sie gehört und wer sie so großzügig verschenkt. Es handelt sich um eine illustre Pokerrunde (mit gezinkten Prepaid-Karten) aus Weltbank und Internationalem Währungsfonds, die nicht nur die Einsätze, sondern auch die Spielregeln festlegt.
D 2007, 94 min
Verleih: Majestic
Genre: Dokumentation, Polit
Stab:
Regie: Florian Opitz
Drehbuch: Florian Opitz
Kinostart: 07.06.07
[ Sylvia Görke ]