Wenn man nach DER GROSSE KATER das Kino verläßt, könnte es passieren, daß man etwas verdattert ist. Nicht weil der Film so schlecht war, nicht weil er einen überwältigt hat, nicht weil man verärgert ist oder sich bis zur Erschöpfung amüsierte. Irgendwie bietet DER GROSSE KATER nichts von alldem. Irgendwie ist dieser Film indifferent. Und ja: Das Wort „irgendwie“ ist ein Armutszeugnis für sowohl rhetorische als auch analytische Begabung – aber für DER GROSSE KATER fällt einem just nix Besseres ein. DER GROSSE KATER ist einfach nur irgendwie.
Vielleicht liegt es an der Schweiz. Die ist ja irgendwie auch irgendwie. Umgeben von Bergen, mitten in Europa und doch irgendwie eben auch ganz anders. Und „der große Kater“, das ist hier der Schweizer Bundespräsident. Ein Konservativer alter Schule, charismatisch und vital. Doch laut Umfragewerten wissen die Schweizer das nicht mehr zu schätzen. Der Staatsbesuch des spanischen Königspaares soll helfen, das Image aufzupolieren. Nur daß des großen Katers vermeintlicher Freund, Sicherheitschef Pfiff, eine Intrige einfädelt, die an Perfidität und Niedertracht nichts zu wünschen übrig läßt.
Klingt nach Politthriller, ist es aber nur irgendwie. Denn hier geht es nicht um Machtmechanismen und/oder den Sturz eines Machtmenschen, sondern auch darum, daß Machtmenschen eben irgendwie auch Menschen sind. Weshalb dann dieser Kater zunehmend menschelt. Weil sein Sohn im Sterben liegt, weil seine Ehe und vielleicht auch er selbst daran zu zerbrechen drohen. Und weil Pfiff mit seiner Intrige gerade auf diese seelischen Schwachstellen zielt, wird das alles auch noch ein Moralstück, das zudem – irgendwie – auch gern mal satirisch daherkommt.
Um das jetzt mal mit dem „irgendwie“ zu lassen, klare Fakten: DER GROSSE KATER basiert auf dem autobiographisch gefärbten Roman von Thomas Hürlimann, dessen Vater Hans einst Alt-Bundesrat in der Schweiz war. Die filmische Umsetzung besorgte Regisseur Wolfgang Panzer auf eine Art, der man gerne den „Großen Fernsehpreis“ ans Revers heften kann. Im Kino sieht aber auch tadelloses TV immer noch schnell kleinkariert aus.
Kaschiert wird das indes ganz gut durch ein rundum gutes Cast. Zumal die gemeinsamen Szenen von Bruno Ganz und Ulrich Tukur mit ihrer Latenz an Mißtrauen und Belauern unter dem Habitus jovialen und vertrauensvollen Umgangs erstklassig sind. Das alles vermischt ergibt … tja, einen Film, der irgendwie so ganz okay ist.
D/CH 2009, 88 min
FSK 12
Verleih: Central
Genre: Polit, Satire, Drama
Darsteller: Bruno Ganz, Ulrich Tukur, Marie Bäumer, Christiane Paul, Justus von Dohnányi, Antoine Monot Jr., Edgar Selge
Regie: Wolfgang Panzer
Kinostart: 28.10.10
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.