Originaltitel: THE INFORMANT!
USA 2009, 108 min
FSK 12
Verleih: Warner
Genre: Polit, Thriller
Darsteller: Matt Damon, Melanie Lynskey, Lucas McHugh Carroll
Regie: Steven Soderbergh
Kinostart: 05.11.09
Nachdem er im groß angelegten Che-Guevara-Epos den Revolutionär vorstellte, der gegen das kapitalistische System kämpfte, zeigt Steven Soderbergh nun – noch innerhalb des selben Jahres!– das Porträt eines Mannes, das sich bestens eignet für eine satirische Innenansicht eben dieses Systems. Ist es zu hoch gegriffen, wenn man da konstatiert, daß Soderbergh, auf seine ganz spezielle Art, eine Tradition antiken griechischen Theaters aufgreift? Also der zweigeteilten Tragödie die damit kommunizierende Komödie, das abrundende Satyr-Spiel eben, hinzufügt? Denn ein Satyr-Spiel ist DER INFORMANT! durchaus. Eine Charakter-Maskerade aus einer Welt, in der Charakter nicht mehr definierbar scheint. Eine Farce über die Lüsternheit der Gier und die zerstörerische Lust an der Verstellung.
Mark Whitacres Karriere in einem gigantischen Agrarkonzern läuft reibungslos – bis er sich plötzlich ans FBI wendet. Die multinationalen, illegalen Preisabsprachen seines Arbeitgebers würden sein Gewissen belasten – sagt Mark. Mit verstecktem Mikro, heimlich installierten Kameras und konspirativen Treffen gibt er alsbald den Geheimagenten. Und wird als solcher zum hochkarätigsten Informanten in der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte. Bis das FBI von Whitacres eigenen Unterschlagungen und illegalen Geschäften erfährt. Und sich plötzlich mit einem Mann konfrontiert sieht, bei dem sich nicht mehr auseinander halten läßt, was Wahrheit und Lüge ist – und wann dieser Mark Whitacre er selbst ist, oder wann er Masken trägt. Masken mit immer abstruseren Zügen.
„Ich ist ein anderer“ lautet Rimbauds berühmtes Diktum. In Soderberghs Film wird dieser Satz, der nach wie vor recht passend den modernen Menschen umschreibt, zur Farce über eben diesen. Ein Rimbaud-Leser war dieser Whitacre wahrscheinlich nicht, aber auf welche Art und Weise er seine Persönlichkeit, seine Charakterzüge, seine Loyalitäten und Gefühle im Namen einer gewinnorientierten Zielstrebigkeit veränderte – das destilliert eine gespenstische Konsequenz aus diesem Satz.
Die Soderberghs Film gekonnt kredenzt. Mit einem Blick, der das Absurde als Normalität entlarvt. Mit einer Nüchternheit, in der trockener Humor zündelt und Suspense klassischen Zuschnitts umgeht. So sieht kluges, bissiges Kino aus!
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.