Originaltitel: THE BOY IN THE STRIPED PYJAMAS

GB/USA 2008, 94 min
FSK 12
Verleih: Disney

Genre: Drama, Literaturverfilmung

Darsteller: Asa Butterfield, Vera Farmiga, David Thewlis, Jack Scanlon, Rupert Friend

Stab:
Regie: Mark Herman
Drehbuch: Mark Herman

Kinostart: 07.05.09

10 Bewertungen

Der Junge im gestreiften Pyjama

Erschütternd verbesserte Bestseller-Adaption

Bruno ist acht Jahre alt, Sohn eines Nazi-Offiziers und lebt in Berlin. Ins Spiel mit Freunden vertieft, entgeht ihm, daß immer wieder Menschen abtransportiert werden, während er ein privilegiertes Leben führt. Als die Familie umziehen muß, weil Vater eine neue Arbeit antritt, interessiert den Halbwüchsigen folglich bloß, daß plötzlich Langeweile herrscht. Man wohnt jetzt nämlich auf dem Land, andere Kinder gibt es nicht, nur einen vermeintlichen „Bauernhof“, der von Arbeitern in gestreiften Schlafanzügen bewirtschaftet und durch Stacheldraht abgezäunt wird ... Noch immer versteht Bruno nicht, was passiert, zumal er heimlich einen Propagandafilm anschaut, welcher die „Freizeitmöglichkeiten im Lager“ preist. Brunos Neugier wächst, bald lernt er den gleichaltrigen jüdischen Jungen Shmuel kennen und hat endlich einen Kameraden gefunden. Doch diese Freundschaft kennt geradezu zwangsläufig kein Happy End.

Es gibt manchmal mutige Versuche, das Grauen des Holocaust aufzuarbeiten, ohne zu zeigen, was sowieso unbegreiflich ist: Man denke an IM GLASKÄFIG, eine zersetzende Studie in Schuld und Macht, die Liebesgeschichte BENT oder DER NACHTPORTIER, welcher das Bild einer Abhängigkeit zeichnete. John Boyne nähert sich dem Thema in seinem hier verfilmten Jugend-Roman aus Sicht eines Kindes, was allerdings im Buch nur bedingt funktioniert, da Boynes Sprache zu stark auf die junge Zielgruppe abstellt, er die Naivität seines Protagonisten zu sehr ausspielt – von Verbalkreationen wie „Aus-Wisch“ ist man eher peinlich berührt.

Drehbuchautor und Regisseur Mark Herman hat das erkannt. Sein Skript verzichtet auf derartige Worthülsen, seine Inszenierung deutet an, illustriert aber nicht. Und ihm gelingen eigenständige Sequenzen, welche der Vorlage berührende Tiefe verliehen hätten. Primär betrifft dies Brunos Mutter, welche anfangs in einer intensiv gespielten Szene nur unter Mühen einem Lagerinsassen danken kann. Schließlich hat ihr Mann klargestellt: „Das sind keine Menschen!“

Später ordnet sie, die bislang Unwissende, das Geschehen ein und wandelt sich zum emotionalen Wrack. Aber auch Bruno selbst erscheint, obwohl verjüngt, nicht mehr so infantil, was dem Zuschauer mehr Möglichkeiten der Identifikation bietet und schließlich ein Finale verstärkt, dem man hilflos ausgeliefert sein wird.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...