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Der kleine Nick

… bringt große Freude

Es gibt ja Kinderfilme, die ihr junges Publikum für dumm verkaufen wollen. Oder solche, in denen sich der Nachwuchs amüsiert wie Bolle, während das geplagte Elternteil unablässig auf die Uhr starrt. Teils auch in Hektik ertrinkende Effektschlachten, an denen keiner Spaß hat. Aber manchmal kommt eine ganz große Ausnahme daher, wie eben DER KLEINE NICK.

Und schon tauchen wir ein in die herrlich nostalgische, liebevoll designte Welt der 50er. Eben war für Nick noch alles in Ordnung, da belauscht er ein Gespräch zwischen Mutter und Vater. Falsche Schlüsse sind schnell gezogen, ergo ist Nick überzeugt: Ihm steht ein kleiner Bruder ins Haus. Was das heißt, weiß er genau, nämlich Armut, Lebensmittelknappheit, in letzter Konsequenz Aussetzen des älteren Sprößlings im Wald. Folglich müssen Maßnahmen ergriffen werden – der Knabe versucht, einen Kidnapper anzuheuern. Doch dieses Unterfangen kostet Geld, und so setzen Nick plus Kumpel unglaublich witzig alle Hebel in Bewegung, um an die benötigten Finanzen zu gelangen.

Schon allein das wäre Garant für einen gelungenen Film, aber den Drehbuchautoren, welche sich offensichtlich ganz genau erinnern, wie es als kleiner Mensch so war, genügt dies noch lange nicht. Sie treffen wie nebenbei exakt jede im Rückblick so nostalgische Not einer behüteten Kindheit: das Teufelsweib in Lehrerinnen-Tarnung. Die Scham eines von seinen Freunden beim Spielen mit (Schande!) Mädchen erwischten Jungen. Oder das Lächeln einer blonden Verführerin im Grundschulalter, welche zusätzlich für Nicks Gefühlschaos Verantwortung trägt.

Den Nachwuchsdarstellern, allesamt Naturtalente sowie individuell gezeichnete Charaktere, gehört jederzeit die Leinwand, mit vornehmer Zurückhaltung nehmen ihre erwachsenen Kollegen – darunter Kad Merad oder Michel Galabru, und wer einen hinreißenden Gastauftritt absolviert, erlebe man selbst – Plätze in Reihe 2 ein und dienen de facto nur dazu, die Geschichte durch etwas „reiferen“ Humor weiter zu bereichern. Wie wenig da typisch deutsche Holzhammermentalität passen kann, hat glücklicherweise auch der Frankfurter Filmmusikkomponist Klaus Badelt erkannt und übertrifft sich mit einem locker-luftigen, sehr französischen Score schlichtweg selbst.

Man kann Nick, dessen Wunsch es nach eigenem Bekunden ist, alle Leute zum Lachen zu bringen, also gratulieren: Vorhaben rundum geglückt.

Originaltitel: LE PETIT NICOLAS

F 2009, 91 min
FSK 0
Verleih: Wild Bunch

Genre: Literaturverfilmung, Kinderfilm, Komödie

Darsteller: Maxime Godart, Kad Merad, Valérie Lemercier, Sandrine Kiberlain, Michel Duchaussoy

Regie: Laurent Tirard

Kinostart: 26.08.10

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...