Es ist ein recht harter Schwenk: Auf anfängliche Kriegsbilder folgt der Schnitt ins Nobelrestaurant ums Eck; dort, wo die Größe der Portionen umgekehrt proportional zur Höhe des Preises verläuft. Dort, wo ein junger Hilfskoch namens Maravan – tamilischer Asylbewerber – eben für seine Verbesserungsvorschläge angeranzt wird. Schließlich die Kündigung. Maravan kann schnell noch Kollegin Andrea zum privaten Abendmahl einladen, welches zu Erotikexplosionen führt. Unerwartet, schließlich ist Andrea lesbisch.
Folgende Idee keimt: Warum sich nicht zusammenschließen und „Love Food“ anbieten, das sexuell schläfrigen Beziehungen zu neuem Leben verhilft?! Gesagt, getan. Der erste Test bringt, sagen wir, feurige Erfolge, bald brummt das kleine Unternehmen. Was dem erfolgsgewohnten Regisseur Ralf Huettner Gelegenheit bietet, seine ganze visuelle Kunst aufzubieten: Hier köchelt Feines, da schmort Saftiges, man riecht förmlich die Gaumenfreuden, läßt sie optisch auf der Zunge zergehen. Der Kinosaal als Gourmettempel, ein Film als sinnliche Erfahrung, wachsenden Hunger inklusive.
Zumindest bis etwa zur halben Lauflänge, denn plötzlich bleibt das gezauberte Essen quasi im Zuschauerhals stecken. Weil jenes „Love Food“ vermehrt Bonzen aus höchsten Kreisen lockt, und diese sind nun logischerweise nicht immer ganz koscher. Plötzlich taucht also Dalmann auf, ein dubioser, im Verdacht des Waffenhandels stehender Typ. Maravan macht eine von Dalmanns Lieferungen für den Tod seines Neffen verantwortlich, er starb als Rebell in Sri Lanka. Nun soll Maravans final aufgebotene Kochkunst nicht mehr nur der Liebe dienen ...
Eine neuerliche erzählerische Wende, welche im Zusammenspiel mit ihren Folgeentwicklungen das cineastische Menü teilweise etwas inkohärent erscheinen läßt, was allerdings der Romanvorlage zuzuschreiben ist. Der Film nun macht trotzdem das Beste draus, illustriert quasi die Kreisförmigkeit des Lebens – alles trifft sich wieder, irgendwann. Er faltet so seinen vielschichtigen Stoff aus Selbstbestimmung, Politik, Eifersucht, Weltgeschehen, Rache sowie verlogenem „Küßchen, Küßchen!“-Getue letztlich doch kompetent zum einladenden Paket. Auch ein Verdienst toller Darsteller – und wer bei der untermalenden Musikauswahl zur Songwriter-Ikone Aimee Mann findet, deren „Wise Up“ selten besser paßte, hat sowieso ein Extra-Lob sicher.
D/CH/Indien 2013, 106 min
FSK 12
Verleih: Senator
Genre: Literaturverfilmung, Drama, Erotik
Darsteller: Hamza Jeetooa, Jessica Schwarz
Regie: Ralf Huettner
Kinostart: 27.11.14
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...