Originaltitel: ?????? ? ?????????

Rußland/Kroatien 2024, 156 min
FSK 12
Verleih: Capelight

Genre: Drama, Literaturverfilmung, Fantasy

Darsteller: August Diehl, Jewgeni Zyganow, Julia Snigir, Claes Bang

Regie: Michael Lockshin

Kinostart: 01.05.25

Der Meister und Margarita

Der Teufel geht um in Moskau

Es ist ein kleiner Lichtblick, daß diese opulente Verfilmung von Michail Bulgakows bekanntestem Roman in Rußland überhaupt in die Kinos kam: Der Putinsche Machtapparat scheint noch nicht restlos alles zu kontrollieren. Natürlich haben die Staatspropagandisten wahlweise gegen den Film gewettert oder ihn totgeschwiegen, seinem Erfolg an den russischen Kinokassen tat das keinen Abbruch.

Die Geschichte wiederholt sich: Das Buch konnte erst ab 1966 – lange nach Bulgakows (und Stalins) Tod – und nur stark zensiert in der Sowjetunion erscheinen und wurde sofort zum Kult. Den Kulturkontrolleuren war das Werk damals wie heute ein Dorn im Auge. Zeigt es doch gnadenlos die durch den Totalitarismus ausgelösten seelischen und moralischen Verkrüppelungen der Menschen. Schlimmer noch: Die Mächtigen werden lächerlich gemacht und vorgeführt. Bulgakows Buch ist ein überbordender Stoff, die Verwirrung ist hier Prinzip: Willkür, Zensur, Opportunismus, Atheismus, Glauben, Literatur, Liebe, Irrenhaus, Wohnungsnot, Jesus Christus und Pontius Pilatus, Tod und Teufel werden in einem grotesk-anarchischen Hexenritt zusammengeführt. Kein Wunder, daß der Roman lange als unverfilmbar galt.

Der amerikanisch-russische Regisseur Michael Lockshin unternimmt das Wagnis und versucht, die multiplen Ebenen der Geschichte in einen Filmplot zu pressen. Dabei nimmt er sich ein paar notwendige künstlerische Freiheiten. Nichtsdestotrotz spürt man den großen Respekt vor der Vorlage. Aufwendig visualisiert erschafft er ein ästhetisch sehr überhöhtes Moskau, in dem der diabolische Woland (formidabel: August Diehl) mit seinen Spießgesellen eine makabre Vorstellung gibt und genüßlich Chaos verbreitet. Der auch im Original deutschsprechende Teufel hat leichtes Spiel mit dieser Gesellschaft von Duckmäusern und Mitläufern im Rußland der 30er-Jahre. Wer nicht mitmacht beim großen Spiel, wird zum Schweigen gebracht wie der Meister, dessen Roman über Pontius Pilatus dem Zeitgeist zuwiderläuft. Daran kann die Wut seiner Geliebten Margarita nichts ändern, die später als Hexe diese Schmach rächen wird. Einen Platz auf dieser Erde gibt es für beide Außenseiter trotzdem nicht.

Mit viel Lust am Spektakel und einer gewissen Neigung zum Pathos übersetzt Lockshin die Sprache des Romans in Bilder. Er ist erschreckend aktuell.

[ Dörthe Gromes ]

Der Meister und Margarita ab heute im Kino in Leipzig