Originaltitel: HUMAN FACTORS
D/I/DK 2020, 103 min
FSK 12
Verleih: Farbfilm
Genre: Drama
Darsteller: Mark Waschke, Sabine Timoteo
Regie: Ronny Trocker
Die pubertierende, ewig angestrengte Tochter stößt einen Ruf wie Donnerhall aus: „Papa nervt!“ Per se kaum Ungewöhnliches zu erkennen, daß aber Mama Nina auf Verteidigung verzichtet, den Vorwurf also quasi bestätigt, mag doch irritieren. Oder auch nicht, betrachtet man, wie die Familie kommuniziert: Die Kinder reden nur das Notwendigste und eher zu ihrer Mutter, im verbalen Interagieren der Eltern Nina und Jan liegt ständig latente Aggression, selbst normale Sätze klingen eine Spur angriffslustig.
Man verbringt einige Tage im Wochenendhäuschen, ein mysteriöser Überfall sorgt zunächst für Verbundenheit, später tauchen zersetzende Unsicherheiten auf. Und die Ankunft von Ninas Bruder nebst Freund sorgt ebenfalls für Streß. Ob Jan mit seinem Schwager ein Problem hegt oder ihm sich küssende Männer nicht gefallen, bleibt ebenso offen wie vieles weitere. Zumindest vorerst, denn fortan puzzeln wechselnde Perspektiven zusammen, was geschah. Womit Jan bald noch härter als gewöhnlich am Pranger steht.
Dieses permanente Abklopfen, Verunsichern und Teilenthüllen fasziniert weitaus mehr als unablässig aufs Auge drückendes Halbdunkel, stark reduzierte Farbpalette oder heiseres Flüstern zum Zwecke dramatischer Unterfütterung manchmal gestelzter Dialoge. Da hoppelt die Inszenierung unglücklich, inhaltlich wurde hingegen alles richtig gemacht. Auch, weil die so beiläufig wie nachdrücklich untergezogene globalere Beobachtung, daß aus irrational tief verwurzelter Angst vor allem Fremden heraus stets die gern in Sippenhaft genommenen „Anderen“ schuld sein müssen, unmöglich „einer von uns“, wohl schon immer direkt ins Schwarze traf.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...