Originaltitel: TRUTH
USA 2015, 126 min
FSK 0
Verleih: Universum
Genre: Drama, Biographie, Polit
Darsteller: Cate Blanchett, Robert Redford, Dennis Quaid, Topher Grace, Elisabeth Moss
Regie: James Vanderbilt
Kinostart: 02.06.16
Das Buch heißt „Truth And Duty“, und der Untertitel verrät, worum es geht: „The Press, The President, And The Privilege Of Power.“ Die Journalistin Mary Mapes hat es geschrieben, erschienen ist es 2005. Zehn Jahre später hat James Vanderbilt einen Film daraus gemacht. Schlicht TRUTH heißt der im Original, vom deutschen Verleih nicht ganz unpassend zu DER MOMENT DER WAHRHEIT hochdramatisiert. Jetzt kommt der Streifen in die Kinos, mit Blick auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA eine terminliche Plazierung, wie sie besser kaum sein könnte.
Parteilicher allerdings auch nicht. Ins Wahlkampfjahr 2004 führt die Handlung. Bush oder Kerry ist die Frage, die das Land spaltet. Für Mary Mapes und ihr Team ist die indes von eher rhetorischer Natur. Die Produzentin des renommierten CBS-Nachrichtenmagazins „60 Minutes“ hat gerade erst die skandalösen Folterungen im Militärgefängnis von Abu Ghraib publik gemacht, als ihr weitere brisante Informationen zugespielt werden. Es geht um Dokumente, die die Militärzeit von Präsident George W. Bush betreffen. Genauer gesagt, um die Art und Weise, wie dessen einflußreiche Familie einst den Filius vorm Kriegseinsatz in Vietnam zu bewahren wußte. Die Veröffentlichung der Dokumente sorgt nicht nur ob der aufgeheizten politischen Stimmung im Land für Wirbel, sondern in Folge auch für eine so perfide wie aggressive Gegenkampagne, die es vermag, den Fokus von den Machenschaften des Bush-Clans abzulenken und die Arbeit von Mapes und ihrem Team nachhaltig zu diskreditieren.
Die Mechanismen, mit denen das geschieht, dieses Ummünzen dessen, was „die Nachricht“ ist vom Eigentlichen hin zum Nebensächlichen, die politischen Winkelzüge und Muskelspiele, die fatale Zersetzung der sogenannten Vierten Gewalt durch blanken Opportunismus und das, was hier mit dem Privileg der Macht beschrieben ist – es gibt Szenen in DIE STUNDE DER WAHRHEIT, da konturiert sich das so klar stringent wie in jenen glorreichen Tagen des New Hollywood, als das amerikanische Kino noch eine tatsächlich angemessene Form hatte, derlei Sujets zu erzählen.
Zugleich aber zeigt Vanderbilts Film eben auch, daß diese Tage längst vorbei sind. Denn der Ton, der dann zunehmend den Fortlauf der Handlung prägt, ist immer weniger der eines kritischen Analysierens, weniger der einer Nähe in Ambivalenz, als vielmehr der simplifizierender Gut-Böse-Parteilichkeit samt einer moralischen Anklage ganz und gar emotionaler Natur.
Anders gesagt: New Hollywood ist alt geworden. Aber genau darin nun liegt ein reizvoller Stachel dieses Films. Gibt in ihm doch just Robert Redford den angesehenen CBS-Anchorman Dan Rather. Und allein, wie beinahe (!) beiläufig der in seiner letzten Szene der Kamera, dem Medienrummel, der Welt (dem Kino?) den Rücken zukehrt in Resignation und zugleich jener wie in Stein gemeißelten Integrität, ist großartig. Redford erscheint hier mehr denn je als sein eigenes Denkmal, aber eins, das man immer wieder gern anschaut, weil es daran erinnert, worauf sich nicht nur das Kino öfter besinnen sollte.
Und das sind natürlich, jenseits aller Fragen nach Form und Inhalt, vor allem Schauspielerinnen wie Cate Blanchett. Als Mary Mapes trägt sie schlichtweg diesen Film. Charismatisch, intelligent, emotional. Und in die Kamera blickend bis zum Schluß. Nehmen wir´s als Zeichen der Hoffnung.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.