D 2015, 88 min
FSK 12
Verleih: Koch Film
Genre: Drama
Darsteller: Carolyn Genzkow, Wilson Gonzalez Ochsenknecht, Kim Gordon, Alexander Scheer
Regie: Akiz
Kinostart: 26.05.16
Der Beat wummert, Giraffenmädchen im Bikini werfen sich was ein, lassen ihre Haare im Stroboskopgewitter wirbeln, kotzen in die Hecke neben dem Pool und posten Aufnahmen, die sie beim Pissen zeigen. Wobei es Akiz, so der Künstlername des Regisseurs, mit sicherem Gespür für ein fashionables Bild gelingt, die Pisse, wie sie da so rinnt auf dem Beton, aussehen zu lassen wie ein Versprechen. Überhaupt hat Akiz eine stylishe Psychoparabel inszeniert, den ersten Teil seiner „Dämonischen Trilogie: Geburt, Liebe, Tod.“
In der Hauptrolle Tina: „Eine junge Kriegerin, die sich ihren steinigen Weg durch die medial-fokussierte Welt bahnt“, so der Regisseur. Sie will von Adam, dem Dark-DJ, gesehen werden, treibt sich ständig auf den angesagten Technoparties rum und sieht zumindest so aus, als hätte sie eine Eßstörung. Und sie lebt mit einer Vision. Ihr erscheint immer öfter und greifbarer eine gekrümmte ledrige Gestalt, die lebensbestimmend für sie wird.
Akiz verhehlt die Anleihen an E.T. nicht, zitiert sie sogar bewuß. Deshalb ist DER NACHTMAHR auch kein Horrorfilm, sondern eher eine poetische, manchmal fast niedliche Umarmung der Angst. Tina fühlt wie dieses blinde, häßliche Wesen, und sie muß es retten, um sich selbst zu retten.
Bewegt sich die Kamera in den Partykellern und hängt mit der zugedröhnten Crowd in irgendwelchen verdunkelten Zimmern ab, höchstwahrscheinlich immer in sterilen Berliner Vorortvillen gelegen, dann ist man emotional dabei. Es stört dann nicht, daß kaum etwas von Bedeutung verhandelt wird, man erfaßt die Details, die wichtig sind: die richtigen Marken, die Mädels, die alle irgendwie gleich aussehen, obwohl sie sich nicht ähneln. Die Einsamkeit in der Masse. Das, was man heute oft Jugend nennt.
Es hätte keiner lockeren, aber wertkonservativen Eltern bedurft, die von den Gefühlen ihrer Tochter keinen blassen Schimmer haben, um zu zeigen, daß wir es hier mit Rich Kids zu tun haben, einer Welt, in der es keine existentiellen Probleme gibt. Außer pochende, glühende, herzzerreißende Einsamkeit. Eine kurze Sicht auf eine ausgebrannte Plattenbauwohnung, die Fahrt in die Nacht, der elliptische Blick in die Dunkelheit. Und Tina als ikonisches Abbild mit ES auf dem Arm – Bilder des Untergangs oder der Freiheit? Auf jeden Fall die Möglichkeit der Geburt eines eigenen Ichs.
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...