Der Satz „Ich habe eine Wassermelone getragen“ gehört zu den verbalen Perlen der Filmgeschichte. Ihm kann ab sofort ein weiteres Kleinod hinzugefügt werden: „Auf mich warten Wildgänse.“ So redet sich Arthur heraus, als ihm Bahia, kaum daß man sich vorgestellt hat, unumwunden den Beischlaf anträgt. Gut, der Mann ist beamteter Ornithologe. Und sicher, die Dame wirft sich derart offensiv ins Gefecht, daß einem wie ihm glatt die Bügelfalte verrutscht. Das eigentliche Mißverständnis ist jedoch, jawohl, politischer Natur. Aber wie zum Teufel kommt die in eine romantische Komödie?
Um einige ungewöhnlich originelle Ecken, muß man sagen, nämlich zunächst in Gestalt der erwähnten Bahia Benmahmoud. Die Schöne mit dem exotischen Namen vergißt beim Gang in den Supermarkt schon mal, daß sie nackt ist. Aber ihre ehrliche Empörung über all die Faschisten und Nationalisten vergißt sie nie. Und sie arbeitet hart an der Weltverbesserung: mit sexueller Unterwanderung des feindlichen Lagers. In Arthur Martin, der seinen Allerweltsnamen sogar mit einem Haushaltgerätehersteller teilt, glaubt Bahia, ein weiteres Exemplar dieser Art vor sich zu haben. Aber ach, der Mann wählt Links, trotz Bügelfalten.
Daß Michel Leclerc sein Filmpaar durch alle Turbulenzen zueinander führt, war zu erwarten. Wie er das tut, ist allerdings so voller umwerfender Einfälle und dramaturgischer Raffinesse, daß man das in Ehren ergraute Genre neu lieben lernt. Mit den Geschichten hinter den Namen beschleunigt und erhellt er das heftige Zusammenrauschen im Vordergrund. Er führt uns Bahias algerisch-französische Hippie-Kinderstube vor, in der nur über eine einzige Sache geschwiegen wird. Er bringt uns in Arthurs grau-braun-gediegenes Nachkriegselternhaus, wo sich eine stille Holocaust-Tragödie unter Platzdeckchen versteckt. Und er macht das mit einer solch virtuosen Knackigkeit und Furztrockenheit, als wäre die Filmzeit, die uns mit den beiden bleibt, das Kostbarste auf der Welt.
Ob sich dabei nun das Politische durch den Privateingang oder das Private in die Tagespolitik geschmuggelt hat, sei einstweilen herzlich egal. Um mit einem unserer konservativen Visionäre zu sprechen: Entscheidend ist, was hinten rauskommt. Und das hat hier eben nicht nur Witz, sondern auch Geist.
Originaltitel: LE NOM DES GENS
F 2010, 104 min
FSK 12
Verleih: X Verleih
Genre: Romantik, Komödie, Polit
Darsteller: Sara Forestier, Jacques Gamblin, Carole Franck, Zinedine Soualem, Michèle Moretti, Jacques Boudet
Stab:
Regie: Michel Leclerc
Drehbuch: Michel Leclerc, Baya Kasmi
Kinostart: 14.04.11
[ Sylvia Görke ]