Der Prophet gilt bekanntlich nichts im eigenen Lande. Aus diesem Grund hat der Schriftsteller Daniel Mantovani auch wohlweislich seit 40 Jahren keinen Fuß in seinen Heimatort Salas gesetzt, ein Provinzkaff in der argentinischen Pampa. Literarisch hat er es allerdings nie verlassen, sind doch seine gesamten Werke dort angesiedelt. Als höchste Ehre haben sie ihm schließlich sogar den Literatur-Nobelpreis eingebracht.Jedoch läßt eine überraschende Einladung aus Salas zur Überreichung der Ehrenbürgerwürde eine ungeahnte Sehnsucht nach seinem Geburtsort in dem Autor aufkommen, und so fliegt er spontan nach Argentinien. Allerdings bleibt das Auto mit Mantovani und seinem Begleiter schon auf dem Weg vom Flughafen nach Salas mitten im Nirgendwo liegen. Da muß der Schriftsteller wohl oder übel seine preisgekrönten Werke benutzen, um ein Lagerfeuer anzuzünden. So viel zum Verhältnis zwischen Kunst und Alltag.
Die Argentinier haben zweifellos große Schriftsteller wie Jorge Luis Borges oder Julio Cortázar hervorgebracht, den Nobelpreis erhielt jedoch keiner von ihnen. Daniel Mantovani ist ihr fiktiver Wiedergänger und reiht sich ein in die Reihe der argentinischen Nationalhelden, die DER NOBELPREISTRÄGER explizit benennt: Maradona, der Papst, Königin Máxima, Messi.
In Salas angekommen, sieht sich Mantovani einer Reihe lächerlicher bis ärgerlicher Zudringlichkeiten ausgesetzt. Daß die Leute meinen, sie wären direkte Vorbilder seiner Romanfiguren, ist noch die kleinste davon. Auch die Begegnung mit seiner Jugendliebe Irene und seinem alten Freund Antonio verläuft eher enttäuschend. Und dann brüskiert Mantovani auch noch die Kulturelite des Dorfes. So schlägt die anfängliche Bewunderung der Bewohner für ihren Ehrenbürger allmählich in Ablehnung um. Ohnehin erkennt er bald, daß diese Verehrung weniger seinem Schaffen galt als seinem Ruhm, von dem auch etwas für das Dorf abfällt.
Der Film lebt vor allem vom argentinischen Lokalkolorit und von seinem wunderbaren Hauptdarsteller Oscar Martínez. Sein Mantovani ist zwar durchaus eitel, aber auch ein ehrlich mit der Kunst Ringender. Radikal ehrlich gegen sich selbst, verweigert er sich faulen Kompromissen. So kompromißlos wie die Hauptfigur ist der Film insgesamt leider nicht. Die Satire über die Gegensätze von Hoch- und Provinzkultur gerät den Regisseuren Mariano Cohn und Gastón Duprat doch recht zahm und verläuft dabei in erwartbaren Bahnen.
Originaltitel: EL CIUDADANO ILUSTRE
Argentinien/Spanien 2016, 118 min
FSK 0
Verleih: Cine Global
Genre: Komödie
Darsteller: Oscar Martínez, Dady Brieva
Regie: Mariano Cohn, Gastón Duprat
Kinostart: 02.11.17
[ Dörthe Gromes ]