Eine Schatzsuche ist ein beliebtes Spiel auf Kindergeburtstagen, aber auch Erwachsene lassen sich immer wieder vom Schatzfieber anstecken, wie die Suche nach dem angeblichen „Nazi-Goldzug“ in Polen derzeit beweist. Meist werden solch’ erwachsene Schatzsucher von ihrer Umgebung für verrückt erklärt. Im Film DER SCHATZ des rumänischen Independent-Regisseurs Corneliu Porumboiu begeben sich Adrian und Costi, zwei eher nüchterne Männer mittleren Alters, auf die Suche nach dem Vermögen von Adrians Urgroßvater. Laut der Familienlegende soll es dieser im riesigen Garten seines Hauses vergraben haben, bevor ihn die Kommunisten um sein Eigentum brachten. Für Adrian ist es die letzte Möglichkeit, sein Elternhaus vor der Pfändung zu bewahren. Weil er pleite ist, bittet er seinen Nachbarn Costi, einen Fachmann mit einem Metallsuchgerät anzuheuern. Sollten sie tatsächlich den Schatz finden, wollen sie brüderlich teilen.
Corneliu Porumboiu inszeniert dieses Unterfangen als reduziertes Kammerspiel in spartanischer Ausstattung und mit hintergründigem Humor. Auf der Handlungsebene passiert nicht sonderlich viel. In sehr langen Einstellungen wird gezeigt, wie der Detektorspezialist mit einem seltsam piepsenden Gerät durch den Garten läuft. Irgendwann fangen die Männer an zu buddeln. Sie graben und graben, es wird dunkel, die Nerven liegen zunehmend blank. Die Zeit dehnt sich. Das Eigentliche passiert zwischen den Zeilen. Es geht um die Vergangenheit Rumäniens, um das symbolische Freilegen der verschütteten Geschichte. Haus und Garten haben viele Besitzerwechsel hinter sich. Nun sind sie völlig heruntergekommen. Adrian stellt sich einem schwierigen Familienerbe und hofft ebenso wie sein Land auf einen Neuanfang.
Der Film enthält keinerlei Rumänienstereotype. Zwar müssen sich die Protagonisten durchschlagen, sie haben nicht mal eben ein paar hundert Euro auf dem Konto rumliegen, aber daraus ergibt sich keine Sozialtristesse. Wirklich zählt, daß Costi ein geradezu zärtliches Verhältnis zu seinem kleinen Sohn hat, die familiären Beziehungen sind intakt. Selbst die Polizei hält sich an ihre Vorschriften. Porumboiu gelingt mit seiner ungewöhnlichen Erzählweise ein durch und durch positiver Film.
Vom Publikum verlangt DER SCHATZ genaues Hinsehen. Die Aufmerksamkeit wird mit einem geradezu bezaubernden Ende belohnt. Bleibt zu wünschen, daß viele Zuschauer diesen Filmschatz heben mögen.
Originaltitel: COMOARA
Rumänien 2015, 89 min
Verleih: Grandfilm
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Toma Cuzin, Adrian Purcarescu
Regie: Corneliu Porumboiu
Kinostart: 06.10.16
[ Dörthe Gromes ]