Originaltitel: THE TAILOR OF PANAMA
Irland/GB 2000, 118 min
Verleih: Columbia
Genre: Literaturverfilmung, Tragikomödie
Darsteller: Geoffrey Rush, Pierce Brosnan, Jamie Lee Curtis
Stab:
Regie: John Boorman
Drehbuch: John Le Carré
Kinostart: 26.04.01
Pierce Brosnan als gewiefter Spion - das kennen wir schon. Doch was er hier zeigt, ist nichts weniger als die genüßliche Demontage des 007-Mythos. Eitelkeit, die Schwäche für schöne Frauen und ungeheurer Einfallsreichtum bleiben dem einzig wahren Bond nach Sean Connery auch in der Rolle des Andrew Osnard erhalten, allerdings bereichert durch schmierige Überheblichkeit und einen Hang zu verbalen Obszönitäten. Vom Geheimdienst strafversetzt nach Panama, gilt sein erster Besuch dem Luxus-Schneider Harry Pendel. Der lebt hier unter falschem Namen und hat selbst Gattin Louisa nichts von seiner unrühmlichen Vergangenheit - einem Gefängnisaufenthalt - erzählt. So erpreßbar und durch seine Tätigkeit als Schneider der Upper Class mit guten Verbindungen ausgestattet, scheint Harry den idealen Informanten und Spitzel abzugeben - der Deal ist perfekt.
Basierend auf dem gleichnamigen Roman von John Le Carré läßt diese absurde Geschichte um einen Spion wider Willen durchaus Assoziationen mit der Grimmschen Märchenwelt zu. Zum einen ist das Schneiderlein bei aller Ängstlichkeit durchaus tapfer - gegen den Argwohn seiner noblen Kundschaft pflegt er die Freundschaft zu ehemaligen Opfern des Noriega-Regimes, zum anderen verfügt Pendel über eine ebenso haarsträubende Phantasie, durch die er in den Kampf gegen die Riesen globaler Politik und Wirtschaft verwickelt wird.
In Harrys Berichten gerät der ewig betrunkene Mickie zum Führer einer "stillen" Opposition, und sämtliche Großmächte der Erde buhlen um das Vorkaufsrecht für den Panama-Kanal - ein aberwitziges Lügengebäude, das durch die sichere Hand des Regisseurs zum Labyrinth ohne Alternativen wird. In der Titelrolle zeigt der Australier Geoffrey Rush, daß er alle Nuancen von bieder-beflissen über kläglich bis zum Heroischen schlafwandlerisch beherrscht - auch für ihn ein Glanzauftritt.
[ Sylvia Görke ]