Eine gepflegte Villa, im Vorgarten vergeht die Zeit, hinter den Kulissen heimelige Wohngeräusche. Schon der Vorspann zeigt, wo die Reise hinführen soll, nämlich in ein halbwegs intaktes Idyll. Regisseurin Cristina Comencini hat sich vorgenommen, hier eine bisher mehr neben- als miteinander lebende italienische Familie wieder zusammenzuführen. Der Anlaß ist entsprechend festlich: demnächst soll die kleine Chiara ihre Erstkommunion begehen. Doch wie das Familienfeste so an sich haben, fördert auch dieses zunächst einmal zu Tage, was sich sonst unter Ausschluß der Verwandtschaft abspielt.
Chiaras Mutter hat eine außereheliche Affäre, aus der sie sich nicht lösen kann. Die ältere Schwester läßt im Vollrausch in der Diskothek die Hüllen fallen, weil sie mal wieder eine Prüfung versaut hat. Onkel Claudio hütet noch immer das Geheimnis, daß er schwul ist, obwohl eigentlich alle Bescheid wissen. Tante Sara ist so einsam, daß sie ihren Sohn mit der Angst, auch ihn zu verlieren, fast erdrückt, während sich der umsorgte Junge seiner eigenen Furcht vor dem ersten Sex am liebsten niemals stellen würde. Auch Großmutter Irene, von Virna Lisi als kühles Gegenbild zur Omama Miraculi gespielt, muß sich und ihren Nachkommen so manches eingestehen.
Neben einem fremden Telefonanrufer, an dem die Regisseurin auch einmal stilistische Fähigkeiten jenseits des nur Konventionellen erprobt, gehört dieses Familienoberhaupt zu den interessanteren Figuren dieser Geschichte um Emotionen und Geständnisse. Zu einem emotionalen Seelenstriptease kann sich Comencini aber nie entschließen. Manchmal scheint sie mit sensiblen Inszenierungen körperlicher Nähe endlich bei ihrem wirklichen Thema angekommen. Ansonsten dreht sich jedoch routiniert eine geölte Konfliktmaschine, in der nicht jede Wendung raffiniert und nicht jedes Einzelporträt inspirierend ist. Ein bißchen gehobene "Lindenstraße" für das anspruchsvolle Publikum also. Und vielleicht wird es das wohlkalkulierte Manöver, naiv-religiöse Harmoniebedürfnisse vorsichtshalber einem kleinen Mädchen zuzuschieben, sogar mögen.
Originaltitel: IL PIÙ BEL GIORNO DELLA MIA VITA
I 2002, 102 min
Verleih: Movienet
Genre: Drama, Liebe
Darsteller: Virna Lisi, Margherita Buy, Sandra Ceccarelli, Luigi Lo Cascio, Jean-Hugues Anglade, Ricky Tognazzi
Regie: Cristina Comencini
Kinostart: 22.07.04
[ Sylvia Görke ]