Originaltitel: LES AMOURS DE ANAÏS
F 2021, 99 min
FSK 12
Verleih: Prokino
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Anaïs Demoustier, Valeria Bruni Tedeschi, Denis Podalydès
Regie: Charline Bourgeois-Tacquet
Kinostart: 21.07.22
Müßte Anaïs die Rolle in einem schon gedrehten Film spielen, wäre es wohl LOLA RENNT. Denn sie läuft weniger, als daß sie hetzt. Allerdings geht es nicht vordergründig um Geld, obwohl die chronisch klamme 30jährige etwas mehr davon sicher nicht ablehnen würde. Anaïs ist immer ein wenig spät dran, mit Terminen, der Liebe, mit sich selbst. Könnte gut sein, sie übersieht das alles. Und dennoch: Wo sich andere darum sorgen, irgendwann bald vielleicht ein wenig Lockerheit ins Leben einziehen zu lassen, ist Anaïs überlocker, falls es so etwas gibt. Kein Wirbelwind, eher ein Wirbelsturm. Ihr 30 ist das 20 der Anderen.
In der französischen Sommerkomödie mit ernstem Einschlag, der eine originale Übersetzung des Titels keinesfalls geschadet hätte, kann man, so genügend Geduld vorhanden, diesem Quirl von Frau ein paar lichtreiche Wochen lang folgen. Ihren vermutlich Verflossenen lernt man nur kurz kennen, gerade als sie ihm wie nebenbei erzählt, daß sie schwanger ist. Wird dann aber wegoperiert, das Malheur!
Mit dem älteren Daniel landet Anaïs zunächst im Fahrstuhl, dann in der Betthorizontalen. Warum ausgerechnet er es sein soll, weiß sie nicht, und wir können ihr nicht dabei helfen. Vielleicht nur, damit sie auf Emilie trifft, die mit Daniel zusammenlebt. Eine Schriftstellerin ist’s mit schwer romantischer Ader. Paßt, weil Anaïs gerade an ihrer Doktorarbeit über die Liebesliteratur im 17. Jahrhundert schreibt. Zwischen den Frauen zündelt mehr als die Zärtlichkeit mit Büchern, und endlich kehrt in MEIN SOMMER MIT ANAÏS etwas Ruhe ein. Ohne frankophiles Einvernehmen aber wird dieser Film kein Vergnügen sein.
[ Andreas Körner ]