Originaltitel: IRONBARK
GB/USA 2020, 112 min
FSK 12
Verleih: Telepool
Genre: Thriller
Darsteller: Benedict Cumberbatch, Merab Ninidze, Jessie Buckley, Angus Wright
Regie: Dominic Cooke
Kinostart: 01.07.21
Dafür, daß er die eine oder andere Drehbank verticken kann, spielt Greville Wynne auch schon mal mit Absicht einen eher läppischen Golfball am Loch vorbei. Der mit allen englischen Wassern und schottischem Whisky gewaschene Geschäftsmann ist als Solokämpfer unterwegs und zufrieden damit. Ebenso mit seinen Kontakten, seiner Frau, seinem Sohn. Daß er das Talent zum Flunkern noch einmal in großem Stile würde benutzen müssen, um über mehrere Stadien der Angst am Ende gar die persönliche Ausweglosigkeit zu fühlen, hätte sich der Smart in Männergestalt nie träumen lassen. Als DER SPION gibt es Greville bald in doppelt. Es ist eine Wynne-Wynne-Situation. MI6 und CIA haben in den frühen 60ern nicht viele Leute „dort.“ Gemeint ist die Sowjetunion unter Chruschtschow. Oleg Penkowski, ein ehemaliger hochrangiger Armist, ist dem Westen ein rarer Informant. Was er allerdings zu liefern weiß, ist zunehmend hochbrisant und mündet in den historischen Tatsachen der Kubakrise vom Herbst 1962. Hat es Penkowski in echt gegeben? Hat es! Und Greville Wynne nicht minder.
Regisseur Dominic Cooke erzählt also keine Räuberpistole, obwohl es vor allem im ersten Teil so aussieht und sich auch so anfühlt. Putzig eben. In die geheimdienstliche Anwerbung stolpert Wynne mehr hinein, als daß er wüßte, wie ihm geschieht. Beim Premierentrip nach Moskau schaut er noch wie ein Erdhörnchen aufs proklamierte Feindesland, doch nach lecker Kaviar, Überwältigungs-Bolschoi im Theater und Begegnungen mit seinem sowjetischen Führungsoffizier findet er Gefallen an der Mission. Die Reisen werden häufiger, auch Penkowski darf nach London – zwei Systemrelevante freunden sich an. Bis die Papiere immer essentieller werden, der Kalte Krieg sich erhitzt, bis Grevilles Ehe auf dem Spiel steht und zunächst für Penkowski, bald auch für Wynne das nackte Leben.
Spionagethriller mit verbriefter Geschichte sind immer wieder das Salz in der Kinosuppe. Sie sind dann zumeist unterhaltsam mit starker Tendenz zur Zerstreuung in schattigen Tönen inszeniert und auf die oft männlichen, selten weiblichen Hauptdarsteller zugeschnitten. DER SPION ist diesbezüglich nicht groß und weit geworfen und trotzdem auf völlig unaufdringliche Art angenehm, weil gediegen ausgestattet, von feinem Flair marmoriert und – eben – von Benedict Cumberbatch und Merab Ninidze mit ansprechender Vehemenz gespielt.
[ Andreas Körner ]