Originaltitel: UN MOMENT D’ÉGAREMENT

F 2015, 106 min
FSK 12
Verleih: Weltkino

Genre: Komödie, Romantik

Darsteller: Vincent Cassel, François Cluzet, Lola Le Lann, Alice Isaaz

Regie: Jean-François Richet

Kinostart: 24.09.15

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Der Vater meiner besten Freundin

Jegliches hat seine Zeit

„Mit 17 hat man noch Träume“, sang einst das aufgehende Schlagersternchen Peggy March. 1965 ließen sich mit solch’ einem Lied auf die Liebe, den Himmel und irgendwelche Bäume noch Preise gewinnen. Heutzutage gehören Himmel und Bäume, besonders inmitten eines Funklochs, zum Grausamsten, was man einem Teenager antun kann. Wer sich aber vorgenommen hat, seinem pubertierenden Nachwuchs die Sommerreise gründlich zu versauen, der fahre einfach mit. So gesehen, beginnt dieser Filmurlaub auf Korsika also wie eine Strafexpedition.

Die Mittvierziger Laurent und Antoine, seit Ewigkeiten beste Freunde, sind nach allerhand aufreibenden Scheidungs- und Beziehungskrisen reif für die Insel. Sie nehmen auf die Reise mit: einen Satz Badehosen, den Willen zur Erholung, zwei konträre Erziehungsmodelle sowie ihre heranreifenden Töchter Louna und Marie. Vergeblich bemüht sich die mediterrane Sonne, den Mädels ein Lächeln auf die angeödeten Großstadtgesichter zu zaubern. Denn im beschaulichen Feriendomizil hat es Ratten, aber kein WLAN, nirgends.

Natürlich gerät der „Empfang“ zum Schlüsselbegriff für diese Ménage à quatre. Natürlich, weil Laurent und Louna gleich bei der Anfahrt jenen sich gegenseitig ausziehenden Blick wechseln und eine gemeinsame Funkfrequenz finden. Auch, weil eine 17jährige noch nicht viel, aber doch um ihr Verführungspotential weiß. Und selbstredend deshalb, weil es sich um den mittlerweile zweiten Aufguß dieses Nymphen-Badeurlaubs um kindfrauliche Hartnäckigkeit und erwachsene Reue handelt. Man kann das Lolita-Thema in seiner komödiantischen Auslegung schon von daher aus dem Effeff kennen.

Das Original stammt von Claude Berri, erschien 1977 und trug Schnauzbart. Das US-amerikanische Remake kam 1984 in die Kinos, spielte in Rio und verbreitete Miami-Vice-Charme. Beide haben die Filmgeschichte nicht nachhaltig erschüttert, sind sie doch in Tempo, Look und moralischer Fallhöhe ganz Kinder ihrer Zeit. Die alte Geschichte für eine neue Generation flottzumachen, versucht hier nun Jean-François Richet. Tatsächlich trifft er mit einer souverän eingefangenen Sommeratmosphäre samt schmelzender erotischer Grenzen durchaus zeitgemäße Töne, die manchmal sogar ernster klingen als bei seinen Vorgängern.

Dennoch und trotz der reizvollen Besetzung bleibt auch sein Film eine Petitesse, der etwas Entscheidendes fehlt: das Geheimnis.

[ Sylvia Görke ]