Wie kommt ein Film über Jacques Derrida zustande, einen der aufregendsten zeitgenössischen Philosophen, der zudem ein überaus schwieriges Verhältnis zum Abbild an sich und zum eigenen ganz besonders pflegte? Daß alles ausgerechnet mit einem handschriftlichen Mißverständnis begann, dürfte den "Vater" der Dekonstruktion, der in Texten das Wirken einer eigengesetzlichen Kraft entdeckte, vergnügt haben. Derrida behielt auch darin Recht, daß dieser Film ihn überleben werde - er starb 2004. Aus der Hommage ist also unversehens ein Denkmal geworden. Beweglich und lebendig vor allem deshalb, weil es Interviews, öffentliche Auftritte und Derridas Texte einem kunstvollen, subjektiven Bilder-Kosmos unterordnet, der auch sich selbst immer wieder hinterfragt. So entsteht ein unterhaltsamer Dialog zwischen Kamera, Filmemachern und dem oft genug ungeduldigen Sprachsucher Derrida, der sich mal französisch, mal englisch und manchmal schweigend verständlich macht. Dieses virtuose Essay über die Lust am kritischen Geist sollte mindestens eine Nacht lang unter dem Kopfkissen liegen - nach dem Anschauen selbstverständlich.
Originaltitel: DERRIDA
USA 2002, 86 min
Verleih: Absolut Medien
Genre: Dokumentation, Biographie
Stab:
Regie: Kirby Dick, Amy Ziering Kofman
Musik: Ryuichi Sakamoto
[ Sylvia Görke ]