Originaltitel: BIKUR HATIZMORET
Israel/F 2007, 83 min
Verleih: Concorde
Genre: Tragikomödie, Polit, Musik
Darsteller: Sasson Gabai, Ronit Elkabetz, Saleh Bakri
Regie: Eran Kolirin
Kinostart: 31.01.08
Ein kleines ägyptisches Polizei-Orchester - gerade mal acht Musiker sind hier versammelt - landet in Israel, um bei der Eröffnung eines arabischen Kulturzentrums zu spielen. Die erwartete Begrüßung am Flughafen aber fällt aus, und bereits hier strandet das Trüppchen. Im Versuch, sich allein durchzuschlagen, finden sich die Männer alsbald in einem verlassenen Wüstenkaff mit eintönigen Wohnblöcken wieder und in einem kleinen Bistro, das sich dort mit Befug Restaurant nennt, werden sie fündig. Dina, die Besitzerin, nimmt die bunt zusammen gewürfelten Musiker unter ihre Fittiche. Die eine Nacht vor ihrem geplanten Auftritt, die sie dann unverhofft in Privatquartieren und mit den Bewohnern von Bet Hatikva (anstatt in Petah Tikva) verbringen, werden alle Beteiligten nie vergessen. Es ist eine Nacht der Begegnung - mit anderen und mit dem Selbst.
Eran Kolirin legt mit DER BAND VON NEBENAN ein meisterhaftes Regiedebüt fürs Kino vor. Jenseits der großen politischen Ereignisse erzählt der junge Israeli von deren seelischen Auswirkungen auf die Menschen. Melancholie geht bei ihm einher mit Amüsement, und nicht zuletzt liegt darin sein Vermögen, ein Bild von seinem Land zu zeichnen, das dem der in der Welt vorherrschenden Nachrichten widerspricht. Kolirins unmißverständlicher Beitrag zur Völkerverständigung stützt sich auf starke und (tragik-)komische Charaktere, denen eine statische Kamera den nötigen Raum gibt, ihr Spiel zu entfalten. Die komischen Momente lassen die Filme Buster Keatons erinnern, die Figuren die eines Aki Kaurismäki aufscheinen. Die Schwere der persönlichen Schicksale - so spricht ein junger Israeli im Kinderzimmer seiner Wohnung von "tonnenweise Einsamkeit" - konfrontiert der Regisseur immer wieder mit Momenten, in denen Hoffnung aufscheint. So findet Simon, der Adjutant des "Generals" Tewfiq, umgeben von familiärer Depression, unverhofft zum Schluß seines eigens komponierten Concertos, an dem er jahrelang schon laborierte. Unvergeßlich auch bleibt die Szene in einer Rollschuhdisco, die eine unbeholfene Annäherung an das andere Geschlecht beobachtet.
Kolirin beweist hier das seltene Talent, Tragödie und Komödie zu vereinen. Ein ausgeprägter Sinn für Komposition - inhaltlich und visuell, garantiert ein Kinoerlebnis zwischen Lachen und schmerzlichem Tiefgang.
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.