Originaltitel: ON THE BASIS OF SEX
USA 2018, 121 min
FSK 0
Verleih: Entertainment One
Genre: Biographie, Drama
Darsteller: Felicity Jones, Armie Hammer, Justin Theroux, Kathy Bates
Regie: Mimi Leder
Kinostart: 07.03.19
Als Ruth Bader Ginsburg 1956 die Stufen zur Harvard Law School erklomm, war sie Anfang 20 und – wie sich das gehörte – verheiratet. Daß sie hier irgendeinem ambitionierten Burschen möglicherweise den Karriere-Startplatz vor der Nase weggeschnappt hatte? Professor Griswold will sich angesichts der bedrohlichen neun (!) Frauen im männlichen Eliteheer die Randbemerkung nicht verkneifen. Eine Unverschämtheit? Sicher. Aber mehr als damenhaft heruntergeschluckten Widerspruch mußte er damals nicht befürchten.
Heute ist Ruth Bader Ginsburg eine lebende Legende, jenseits der 85 und beigeordnete Richterin am US Supreme Court. Und ihr wird eine Anerkennung zuteil, die dem Berufsstand selten widerfährt: Pop-Ikonen-Status, verewigt auf T-Shirts und in Comedy-Etüden. Viel Ehr’, viel Film. Jüngst erschien ein Dokumentarporträt, das der Juristin, auch im humoristischen Brückenschlag zwischen frauenrechtlerischen Verdiensten und dem durch sie zu neuem Ruhm gelangten Jabot (ein Spitzenaufsatz für den Kragen), ein Denkmal setzte. Jetzt kommt Mimi Leders fiktionale Bearbeitung von RBGs Biographie in die Kinos. Zügig, bevor die Debattenkultur das Thema wechselt. Dem „Menschlichen“ hinter der Respektsperson will sie nachspüren. So läßt sich die Regisseurin ein.
Normalerweise übergeht man solche fehlgezündeten Statements freundlich. Allerdings paßt die drollige Äußerung ganz gut zu Leders nicht immer stilsicherer Filmographie. Denn: Ihre letzten Kinobeiträge waren oft Engtänze mit Genre-Konventionen des Mainstreams, die vor lauter Menschelei auf der Stelle traten. Das führt uns zurück zu den Stufen vom Anfang. Ein Filmauftakt wie ein Versprechen, im Off erklingt „Ten Thousand Men Of Harvard“, drinnen wartet Zukunft für alle. Die schön kräftige Exposition hat nur den Fehler, daß sie alles weitere etwas blaß aussehen läßt. Ginsburgs Umwege, ihr erstaunlich liberales Ehe- und Familienleben, die hochgeschlossenen 50er, der gesellschaftliche Klimawandel der 60er und 70er – Mimi Leder malt das große Bild, in dem sich die (amerikanische) Welt dieser Zeit spiegelt. In alle Ecken kommt sie mit der Farbe nicht. Und an der eigentlich entscheidenden Stelle, nämlich dem titelgebenden, spitzfindig verdrehten Berufungsverfahren um einen wegen seines Geschlechts per (Steuer-)Gesetz diskriminierten Mann, reicht die Palette nur noch für Ton-in-Ton.
[ Sylvia Görke ]