Originaltitel: La demoiselle d«honneur
F/D 2004, 110 min
Verleih: Concorde
Genre: Drama, Liebe, Krimi
Darsteller: Laura Smet, Benoit Magimel, Aurore Clément
Regie: Claude Chabrol
Kinostart: 06.01.05
Wer ist die junge Frau, die sich Philippe am Hochzeitstag seiner Schwester förmlich an den Hals schmeißt und anschließend formelhaft raunt: "Du bist der Mann, auf den ich immer gewartet habe"? Klar, sie ist die Brautjungfer - und sie meint es ernst. Wenig später fordert sie von ihrem Geliebten den unheilvollen Liebesbeweis: Philippe soll einen Menschen für sie töten, egal wen. Eine so phantasiebegabte Freundin hat nicht jeder, denkt Philippe, kommt aber doch so langsam ins Zweifeln. Als er vom Mord an einem Obdachlosen liest, spielt er das Spiel einfach mit und behauptet, er hätte es getan. Er ahnt nicht, das Senta ihm auch eine Freude bereiten will. Sein geregeltes Leben gerät inzwischen nach und nach außer Kontrolle. Er vernachlässigt seine Rolle als großer Bruder und Mustersohn sowie seine berufliche Karriere, und er schläft kaum noch.
Claude Chabrol läßt sich auch in seiner zweiten Ruth-Rendell-Verfilmung (nach BIESTER) Zeit, die Geschichte ins Rollen zu bringen. Ausführlich schildert er die kleinen Familiensorgen und läßt die geheimnisvolle Frauengestalt immer schön im Hintergrund. Und doch spürt man den doppelten Boden, das Bedrohliche hinter den Vorstadtkulissen. Die Blumen des Bösen wachsen im Dunkeln. Chabrol geht subtil ans Werk, legt Finten und verwebt Phantasie und Wirklichkeit. Bis die fast surreale Realität Sentas, die im Keller lebt und ein Geheimnis im Dachboden verbirgt, auf einmal wahr wird.
Doch diesmal verzögert sich die eigentliche Geschichte zu sehr und ist dann zu schnell am Ende. Vielleicht liegt es auch daran, daß die behauptete schicksalhafte Verkettung der Protagonisten nicht verständlich wird. Die Ähnlichkeit zwischen Senta und einer Flora-Statue aus Philipps Garten muß als Erklärung ausreichen. Die steinerne Unnahbarkeit steht Laura Smet als mysteriöse Senta zwar hervorragend, bei Benoît Magimel wirkt sie aber deplaziert, weil Philippe so nicht greifbar wird.
Spannung ist trotzdem garantiert. Bei Chabrol macht man dann doch nichts falsch.
[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...