Originaltitel: LE CHÊNE

F 2021, 80 min
FSK 0
Verleih: X Verleih

Genre: Dokumentation, Natur

Regie: Michel Seydoux, Laurent Charbonnier

Kinostart: 09.03.23

5 Bewertungen

Die Eiche

Baumhaus-WG tierischer Kinostars

Ein Film über eine Eiche also. Eine Stieleiche, um genau zu sein. Die ist im Jahre 1810 am Ufer eines malerischen Sees in Frankreich gekeimt und heute ein wahrlich majestätischer Anblick. Aber reicht ein solcher aus, um 80 Filmminuten kurzweilig auszufüllen? Im konkreten Falle ja. Und das selbst eingedenk der Möglichkeit, daß man eher nicht zur Klientel der Naturfilmfreunde gehört und da gewisse Aversionen hegt; speziell etwa gegen diese Manie von Naturdokus, ihre sicher oft erstaunlichen und auch spektakulären Bilder mit Erklärbär-Gequassel und dramatisch aufgeblasener Musikberieselung zu ruinieren.

Womit man aber schon bei den ersten und wesentlichsten Pluspunkten von DIE EICHE angelangt wäre: Es wird nichts gesprochen, nichts erklärt in diesem Film. Eine Wohltat! Und die Musik? Nimmt sich zurück, läßt oft den reinen Naturklängen Raum. Und schmiegt sich ansonsten erstaunlich organisch um die Bilder, bedient dabei eher das kammermusikalisch Verhaltene, hantiert auch mal mit fernöstlichen Klängen – und läßt zudem zwischendrin Dean Martin (sehr witzig) oder Georg Friedrich Händel (sehr ergreifend) hören.

Denn natürlich ist auch an diesem Baum-Kinostück die Natur nach der menschlichen Wahrnehmung ausgerichtet. Und das heißt hier: einer „inszenatorischen“ Dramaturgie unterworfen. Daß am DIE EICHE-Dreh auch Tiertrainer beteiligt waren, mag Naturdoku-Puristen zu Recht stören – aus rein kinematographischer Sicht war es sinnvoll.

Ist der titelgebende Baum doch Heimat für allerlei Getier – und so, wie dieses vom unterirdischen Wurzelwerk (Waldmaus-Großfamilie) über Höhlen im Stamm (Eichhörnchen, Schleiereule) bis zu Nestern hoch oben im Geäst (Eichelhäher) in Szene gesetzt ist, erscheint der Baum als eine einzige ziemlich gemütliche Groß-WG. Ums kreatürliche Fressen und Gefressenwerden geht es in der nur insofern, als daß dazugehörige Aspekte wie Jagd-Flucht-Verstecken pure Spannungselemente bleiben. Für die dann wiederum vorrangig nicht im oder auf dem Baum lebende Fremdlinge (Habicht, Äskulapnatter) zuständig sind. Wir verzichten hier darauf, das als Gesellschaftsmetapher zu interpretieren – und empfehlen stattdessen einfach den Blick auf die Eiche als Eiche und die Tiere als Tiere. Allesamt perfekt inszeniert und atemberaubend fotografiert. Wie es sich für Kino-Stars gehört.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.