Originaltitel: MISS SLOANE
USA/F 2016, 132 min
FSK 12
Verleih: Universum
Genre: Thriller
Darsteller: Jessica Chastain, John Lithgow, Mark Strong
Regie: John Madden
Kinostart: 06.07.17
Wahrscheinlich ist es leichter, einen Termin beim Präsidenten der Vereinigten Staaten zu bekommen, als bei Miss Sloane. Ehrfürchtig warten die Herren des Washingtoner Polit-Establishments auf eine Audienz bei der Päpstin des diskreten Strippenziehens. Denn die Rothaarige in exklusiver Busineß-Uniform, stets perfekt aufgemacht und kontrolliert wie ein Cyborg, zeigt den Nieten im Anzug, wie man öffentliche Meinung macht – mit allen Manipulationstechniken, die der Lobbyismus zu bieten hat.
Rund um diese in ihrer Beherrschtheit gefangene Frauenfigur, ein postmodernes Fräuleinwunder auf dem präklimakterischen Höhepunkt ihrer erotischen Anziehungskraft, entfaltet John Madden ein Planspiel: Wer macht hier was für wen und zu welchem Zweck? Wozu wechselt Elizabeth Sloane plötzlich die moralischen Seiten? Was interessiert den in sämtlichen politischen Wassern abgekochten Profi an einem Vorhaben, das – so moralisch integer – lediglich ein lachhaftes Honorar verspricht? Warum sich also umständlich ins Lager der Waffengegner schlagen, wenn der Triumph über das verfassungsmäßig garantierte Recht auf bewaffnete Selbstverteidigung so schwer zu haben ist?
Zu Maddens Filmographie zählt die Komödie SHAKESPEARE IN LOVE. Ob man sich in dieser quirligen, historisierenden Amüsierfiktion nun wohl fühlte – Dialogregie und Schauspielerführung waren Sonderklasse. Sein zum aktuellen Demokratie-Bashing passender, auf einem Drehbucherstling basierender Polit-Thriller aus dem Lobbyisten-Milieu erinnert an diese Qualitäten. Die Kamera ist ebenso getrieben wie die Hauptfigur, wirbelt sich durch kühle Besprechungsräume. Gesprochen wird schnell und vorbildlich artikuliert, quasi ohne jedes „Äh.“ Ganze Schlachtpläne entstehen hinter Miss Sloanes Porzellan-Teint, entwickeln sich im Off. Und das, eine Art Schnellschach mit dramaturgisch domestizierten 180-Grad-Turns und intriganten Zug-Automatismen, ist das Spiel, zu dem Madden einlädt.
Ihm fehlt ein wenig der Körpergeruch, der Dreck, der sich hinter diesen gebügelten Personal-Fassaden ansammeln müßte. Aber wir sprechen eben über die mit dem Stahlpinsel gemalte Jessica Chastain – und über einen Thriller unter mainstreamaffinen, für Seh- und Denkkompromisse aufgeschlossenen Laborbedingungen, dem die Schwächen der Demokratie lediglich Anlaß, nicht wutschnaubendes Anliegen sind.
[ Sylvia Görke ]