Augen wie Schokoladenbonbons, den Schelm im Gesicht, doch das Herz voller Güte. Schon als kleines Mädchen ist Amélie das, was man landläufig als wundersam bezeichnet. Ihr engster Freund - ein Goldfisch. Klar!
Amélie lebt nach dem Tod der Mutter mit ihrem Vater zusammen, dessen spleenige Leidenschaft seinen Gartenzwergen gilt. Eigentlich ist er Arzt, und wenn er sein Töchterchen mit dem Stethoskop abhört, pocht das kleine Herz so schnell vor Freude ob der väterlichen Fürsorge, was Papa wiederum für eine pathologische Arhythmie hält und das kleine Kind ab sofort besonders schützt. Amélie sammelt Steine, verhindert den Selbstmord ihres Fischleins, und nach dem Unfalltod von Lady Di beschließt sie nun als erwachsene, schüchterne Frau, den holprigen Lebensweg ihrer Mitmenschen positiv zu glätten. Als Kellnerin in einem kleinem Café in Montmartre begegnen ihr die skurrilsten Personen. Menschen gezeichnet von Einsamkeit, Verzweiflung, purer Tristesse und zu süßem Pernod.
Amélie wird der Glücksstern für viele sein. Doch eines Tages läuft ihr Nino über den Weg , und wieder beginnt das Herz schnell zu schlagen. Schutzengel und Sorgenklempner für viele, ist Amélie aber nicht fähig, das eigene Glück zu schnappen. Doch auch ihr wird geholfen...
So was gibt’s nicht wieder! Ein Feuerwerk an genialen Einfällen, ein Fest der überbordenden Phantasie, eine Hymne an die Menschlichkeit. Jeunet verbeugt sich vor den einfachen, aber oft nicht lösbaren Dingen des Lebens, schickt seinen Engel Amélie in die Pariser Welt der Traurigkeiten und verzichtet glücklicherweise auf platte Gutmenschentümelei. Dinge geschehen, weil sie einfach geschehen müssen. Sonst würde die Uhr aufhören zu ticken. Wenn auch nur ein kleinster Teil seiner grenzenlosen Hoffnung aus dem Kino ins Leben mitgenommen wird, ahnen wir, warum lächeln so schön sein kann. Jeunet weiß einfach um die echten Gefühle von echten Menschen jenseits großindustrieller Verknöcherung. Selbst wenn das Leben einen bisher oft betrogen hat, das Schicksal in jedem günstigen Moment versucht ist, ein Bein zu stellen: Aufstehen ist die einzige Lösung. Das ist sicherlich naiv und märchenhaft, aber das sind Verliebtsein und Glücksempfinden eben auch. Nach AMÉLIE weiß man fast nicht mehr, welche Geschichten im Kino noch erzählenswert sein könnten. Aber Jeunet schreibt schon wieder...
Originaltitel: LE FABULEUX DESTIN D’AMÉLIE POULAIN
F 2001, 120 min
FSK 6
Verleih: Prokino
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Audrey Tautou, Mathieu Kassovitz, Dominique Pinon
Regie: Jean-Pierre Jeunet
Kinostart: 16.08.01
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.