Kann man die Welt retten, indem man in Villen einbricht, dort alles auf den Kopf stellt und einen Denkzettel hinterläßt: "Sie haben zu viel Geld"? Für die Nachwuchs-Revolutionäre Jan und Peter ist es wenigstens ein Anfang. Die Frage, wie und ob Widerstand im Zeitalter der Globalisierung noch möglich ist, stellt sich für sie mit aller Dringlichkeit. Demonstrationen bringen ja nichts mehr. So wie die RAF kann man es aber auch nicht mehr machen. Oder doch?
Als Jan und Peters Freundin Jule bei einem spontanen Einbruch vom Hausbesitzer überrascht werden, erklären sie diesen kurzerhand zur politischen Geisel, klingeln den verdutzten Peter aus dem Bett und fahren von Berlin in die Alpen, um in einer einsamen Berghütte einen Plan auszubrüten. Kaum sind sie da, entpuppt sich der Entführte als Alt-68er, der dem Eigenmechanismus namens "Karriere" zum Opfer fiel. Spätestens jetzt ist die Bühne frei für Grundsatzdiskussionen. Da darf die Geisel auch mal am Joint ziehen und von alten Zeiten plaudern. Es ist herzlich komisch anzusehen, wie der Entführte scheinbar immer mehr zu sich selbst findet, während sich die ratlosen Entführer in einer persönlichen Dreiecks-Liebes-Geschichte aufreiben.
Ist der erste Teil des Filmes noch ein Musterbeispiel dafür, wie man mit einfachen Mitteln äußerste Spannung erzeugt, gerät der zweite unversehens zur kammerspielartigen Komödie. Diese Wende tut dem Film aber auch gut, denn die grenzenlose Naivität des Anfangs hätte man den Protagonisten auf lange Sicht nicht abgenommen. So aber gelingt es Hans Weingartner und seinem überzeugenden Darstellerteam, die Frage nach Widerstand und Idealismus in einer etwas komplexeren Testsituation wirklich und ernsthaft zu stellen.
Zu welchem Ergebnis er kommt, sollte hier noch nicht verraten werden. In Cannes jedenfalls holte man den Film zu Recht als deutschen Kandidaten in den internationalen Wettbewerb.
D 2004, 126 min
Verleih: Delphi
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Daniel Brühl, Julia Jentsch, Stipe Erceg, Burghart Klaußner
Regie: Hans Weingartner
Kinostart: 25.11.04
[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...