Glühende Sommerhitze versengt die Gemüter. Bernau ist geographisch gesehen Berlin und doch eine andere Welt. Zwischen Eckpfeilern provinzieller Zivilisation - Videothek, Autowerkstatt und Solarium - setzt ein tragisches Ereignis eine Verkettung von Mißverständnissen und Bösartigkeit in Gang. Schuldlose Tiere und Menschen werden unter die Räder kleinbürgerlicher Vergeltungswut kommen É
Bernd hat seine Träume aufgegeben. Er wird nicht nach Neuseeland fahren, erst recht nicht mit seiner Frau. Bernd nimmt ihre Affäre mit seinem bestem Freund Tom ebenso stoisch hin, wie alle Angriffe des Schicksals. Totgeschwiegen ist halb ausgestanden, oder so ähnlich. Neuseeland steht jetzt im Regal von Bernds Videothek, Traumfutter für andere, wie zum Beispiel das junge Pärchen Sandrina und Marcel. Was hat man mit 16 in der Provinz schon für Perspektiven? Auswandern ist die Lösung. Die Kleinstadtbalance gerät ins Wanken, als Bernds kleine Tochter Anna von einem Hund krankenhausreif gebissen wird. Nebenbuhler Tom knallt den Köter einfach ab, die Polizei kümmert sich ja eh nicht. Daß er damit den Grundstein legt für eine fatale Kettenreaktion, ahnt er sicher noch nicht. Sie wird auch den Rockabilly-Casanova Viktor und seine Lady Chatterley für Arme, die Solariumbetreiberin Regina, erfassen, den Besitzer des Hundes, Devereux und die Turteltäubchen Sandrina und Marcel.
Autorin Meike Häussler und Regisseurin Bettina Blümner schreiten still und konsequent den Weg einer Gewaltspirale ab, die sich vom unglücklichen Auslöser an zum Selbstläufer entwickelt. Sie verankern ihren Film glaubhaft im Provinzuniversum und versehen ihn dennoch mit symbolischer Kraft und Spannung. Ideen von Verantwortung und fatalen Machophantasien, Schuld und Sühne, Ursache und Wirkung schwingen mit. Getragen wird DIE KETTE von einem starken Ensemble. Vor allem Axel Prahl als stoischer Bernd zeigt beeindruckendes Schauspiel, doch das überrascht sicher nicht.
In unschuldig sommerliche Bilder gehüllt, entwickelt DIE KETTE eine leise Sogwirkung und verhakt sich im Gedächtnis. Findet der Zuschauer anfangs noch Zuflucht im Bunker jenes Gefühls, daß er selbst niemals in solch fatale Situationen kommen oder zumindest die vernünftigen Entscheidungen fällen wird, so schwindet diese Sicherheit rasch. Das ist gut so, denn Bernau, das sind wir.
D 2004, 60 min
Verleih: Filmakademie
Genre: Drama
Darsteller: Axel Prahl, Leslie Malton, Franz Dinda, Michael Berg, Aurel Manthei
Regie: Bettina Büttner
Kinostart: 04.01.07
[ Roman Klink ]