Originaltitel: ENTRE LES MURS
F 2008, 128 min
FSK 0
Verleih: Concorde
Genre: Drama, Erwachsenwerden, Teenie
Darsteller: François Bégaudeau, Nassim Amrabt, Laura Baquela, Juliette Demaille
Regie: Laurent Cantet
Kinostart: 15.01.09
Wer hätte gedacht, daß 128 Minuten eines Films, der hauptsächlich in einem Klassenzimmer spielt, im Fluge vergehen können, daß es überaus spannend sei, dem Dialog zwischen einem Lehrer und seinen Schülern zu folgen? DIE KLASSE von Laurent Cantet tritt dafür den Beweis an. Die Idee des Regisseurs, einen Film über den Alltag einer Schule zu drehen, war nicht neu. Im Buch von François Bégaudeau, der selbst als Lehrer arbeitete, fand Cantet endlich den entsprechenden Stoff und in einer Schule des 20. Pariser Arrondissements, einem multikulturellen Viertel, wurde der Film schließlich realisiert.
François (der Autor des Buches ist selbst in der Hauptrolle zu sehen) übernimmt als Lehrer für Französisch eine siebte Klasse. Gerade wegen der Probleme in einem Umfeld, das als sozialer Brennpunkt gilt, und trotz der deshalb zu erwartenden Schwierigkeiten, möchte er seinen Schülern nicht nur schulisches Wissen vermitteln, sondern ihnen soziale Werte nahebringen, die Notwendigkeit von Respekt und Toleranz. Doch auf das, was im Klassenraum geschieht, kann sich kein Lehrer wirklich vorbereiten. Hier, wo 14- bis 15-Jährige unterschiedlicher Nationalitäten versammelt sind, prallen Meinungen und Kulturen aufeinander, sind Leistungsverweigerung und Aggressionen an der Tagesordnung. Jede einzelne Stunde wird zur Herausforderung, François muß um die Aufmerksamkeit seiner Klasse kämpfen, wahre Wortgefechte bestehen, und selbst seine unkonventionellen Methoden erleichtern den Umgang mit so unterschiedlichen jungen Persönlichkeiten nicht, sie sind sogar ein Risiko. Dennoch hält er am Wagnis fest, sich mit den Jugendlichen auf Augenhöhe zu konfrontieren und sie zu einer Gemeinschaft zu führen, die ein Lernen überhaupt erst möglich macht.
Der Titel des Originals ENTRE LES MURS ist – wen wundert’s – näher an der Intention Bégaudeaus und Cantets, das Klassenzimmer (das, was sich hier „zwischen den Wänden“ auf engstem Raum abspielt) als Mikrokosmos zu begreifen, der die gesellschaftlichen Probleme außerhalb der Schule spiegelt. Die Authentizität, mit der dies auf die Leinwand kommt, ist formell dem gleichzeitigen Einsatz von mehreren Handkameras zu danken, die jedes Detail aufnahmen und somit das Material für einen Schnitt lieferten, der improvisiert wirkt und den dokumentarischen Eindruck unterstreicht. Daß dieser Film so bravourös gelingen konnte, ist aber nicht zuletzt dem durchweg großen Talent der jugendlichen Laiendarsteller zu danken.
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.