Diese Stimme. Dieses Gesicht. Noch immer ist Marianne Hoppe eine wunderschöne Frau, beseelt von einer selbstbewußten Kraft, die sich nur gelegentlich, dann aber deutlich in Nörgeln und Unwirschheit ihren Weg bahnt. So wenn Einar Schleef bei einer Textprobe von ihr verlangt, Worte anders zu betonen, als sie es für richtig hält: "Warum lese ich das eigentlich?" fragt sie mehr sich selbst, als den jungenhaft zurückhaltenden Regisseur, der ihr schließlich ihren Willen läßt.
Solche und ähnliche Szenen hat Werner Schroeter eingefangen und dokumentiert damit eindrucksvoll, wie behutsam man die Freundschaft zu dieser Grande Dame des Theaters pflegen muß, um ihr Wohlwollen nicht mit einer Unbedachtheit zu verspielen. Und obwohl Schroeter sich der Ausnahmemimin Hoppe sehr vorsichtig und mit Hochachtung nähert, entgeht auch er nicht der Gefahr, schroff zurückgewiesen zu werden. Manche allzu neugierige Frage läßt sie ladylike im Raum stehen, wartet einfach auf die nächste. Und sie macht deutlich klar, daß sie sich nicht nur nicht an alles erinnern kann, sondern daß sie es auch nicht will. Überhaupt scheint ihr die Rolle der neugierig Befragten nicht immer angenehm zu sein. Stück für Stück entsteht das sympathische Bild einer Frau, die jenseits jeder Altweibersentimentalität auf ihr Leben zurückblickt, das für sie vor allem Arbeit ist: die großen Theatererfolge unter der Regie von Gustav Gründgens, Bob Wilson oder Heiner Müller. Neben Material aus Kinofilmen und Theateraufführungen läßt Schroeter seinen Star immer wieder Texte lesen, gibt ihm junge Schauspielerinnen wie Martina Gedeck zur Seite. Hier, beim Sprechen der Texte von Kleist und Lessing entfaltet Hoppe ihr ganzes Können, nimmt ohne große Gesten den Raum der Bühne völlig ein.
Ärgerlich ist lediglich, daß Schroeter einen Großteil des dokumentarischen Materials nicht datiert sowie die Gesprächspartner seiner Königin des Theaters nicht genau benennt. So ist man ganz auf das Gesprochene verwiesen und muß den Rest entweder wissen oder im Nachhinein erkunden.
D 2000, 101 min
Verleih: Salzgeber
Genre: Dokumentation, Poesie, Biographie
Regie: Werner Schroeter
Kinostart: 18.01.01
[ Sylvia Görke ]