D 2014, 91 min
FSK 0
Verleih: Neue Visionen

Genre: Dokumentation

Regie: Stephan Bergmann

Kinostart: 29.01.15

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Die letzten Gigolos

Graumelierte Kreuzfahrer im Dienst der Liebe

Ein heißer Tango im Ballsaal, ein romantisches Gespräch an der Reling oder ein gemeinsamer Landgang an exotischen Orten. Wer heute eine Kreuzfahrt im Luxussegment bucht, möchte die teuer bezahlten Urlaubstage in guter Gesellschaft verbringen. Und weil die Quote alleinreisender, älterer Damen auf solchen Reisen stets hoch ist, lassen sich die Reedereien einiges einfallen, um die anspruchsvolle Klientel zufriedenzustellen. Sie engagieren nicht nur exzellente Physiotherapeuten, gut gebaute Fitneßtrainer und talentierte Musiker, sondern auch charmante, graumelierte Herren mit weltmännischer Ausstrahlung, deren Auftrag allein darin besteht, den amüsierwilligen Damen den Urlaub zu versüßen. Als sogenannte Gentlemen Hosts (oder besser: Gigolos) erfüllen sie eine der wichtigsten Positionen an Bord: Sie verhelfen den Damen zu Momenten des Glücks, die mit Geld gar nicht aufzuwiegen sind, wie eine Gesprächspartnerin schwärmt.

DIE LETZTEN GIGOLOS ist der erste Kino-Dokumentarfilm des Regisseurs Stephan Bergmann. Der Regisseur heftet sich an die Fersen der lebenslustigen Damen und ihrer Animateure und tastet sich in den Gesprächen behutsam in Bereiche vor, in denen die Gesprächspartner langsam beginnen, ehrlich über ihr Leben, ihre Träume und unangenehme Nebenwirkungen des Altern zu sprechen.

Zu Beginn hält sich Bergmann etwas zu lange an der Oberfläche auf, bis er endlich in die Tiefe geht. Daher bleibt am Ende vielleicht zu wenig Zeit, um zu beschreiben, was passiert, wenn aus einem gutdotierten Betreuungsauftrag plötzlich ein amouröses Abenteuer mit offenem Ausgang wird. Das ist schade, weil jeder der betagten Protagonisten – die zahlenden weiblichen Gäste genauso wie die engagierten Gigolos – aufgrund ihrer großen Lebenserfahrung einiges zu sagen hat. Aber statt sich auf die Gespräche über den Tod und den Sinn des Lebens einzulassen, biegt der Film viel zu bereitwillig wieder auf den Planet Smalltalk ab.

Vielleicht bildet dieses Oszillieren zwischen Tiefe und Banalität aber auch genau den Zustand ab, in dem sich die „kasernierten“ Kreuzfahrer für die Dauer ihrer Reise befinden. Schließlich weiß frau nie, mit wem sie beim Captain’s Dinner am Tisch sitzen wird – abgesehen von den wenigen, auffallend gut gekleideten Gentlemen, die nie vergessen würden, einer Dame die Tür aufzuhalten …

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.