Originaltitel: THE RAILWAY MAN
Australien/GB/CH 2013, 108 min
FSK 12
Verleih: Koch Media
Genre: Drama, Liebe
Darsteller: Colin Firth, Nicole Kidman, Jeremy Irvine, Stellan Skarsgard, Hiroyuki Sanada
Regie: Jonathan Teplitzky
Kinostart: 25.06.15
Die Thailand-Burma-Eisenbahnlinie gehört zum bautechnisch Spektakulärsten der Welt. Und was die meisten Menschen, zumindest der westlichen Hemisphäre, über ihre Errichtung durch 415 Kilometer unwegsamsten Dschungel wissen, dürfte sich wohl aus einem der ganz großen Kinoklassiker speisen. David Leans DIE BRÜCKE AM KWAI nämlich, dem bildberauschten Epos von 157 Minuten Länge, das vom Bau der titelgelgebenden Eisenbahnbrücke durch britische Kriegsgefangene während des Zweiten Weltkrieges erzählt. Ein Film, dessen Qualitäten jetzt auch Regisseur Jonathan Teplitzky noch einmal pflichtschuldig lobte. Allerdings mit der Einschränkung, daß es dem Werk doch an Realismus fehle, was sich auch darin zeige, daß die dargestellten Kriegsgefangen doch alle „recht gut genährt“ aussehen.
Diesen Vorwurf kann man Teplitzkys DIE LIEBE SEINES LEBENS nicht machen: Eric Lomax heißt der junge Armeefunker, der 1942 in japanische Kriegsgefangenschaft gerät und bald einer von den vielen ist, die beim Bau der Thailand-Burma-Linie unter unmenschlichen Bedingungen schuften. Dabei ist es aber weniger die harte Arbeit, als vielmehr der junge japanische Offizier Nagase, der Lomax die Hölle bereitet. Eine Hölle, deren seelische Wunden lange nach dem Krieg noch nicht geheilt sind: 1983 spielt der parallel erzählte Handlungsstrang, der Lomax als introvertierten Eisenbahnliebhaber vorstellt. Einer, der sämtliche Fahrpläne auswendig kann, dem das Funktionieren einer rational durchgeplanten Ordnung schützende Abschottung vor der Welt ist. Doch dann begegnet Lomax der Krankenschwester Patricia. Die Zwei verlieben sich. Die Last quälender Erinnerungen nimmt aber auch das nicht von Lomax’ arg geschundener Seele.
Um gleich zum „Realismus“ zu kommen: Nichts bei Teplitzky ist „realistischer“ als bei Lean. Darüber täuschen weder die tatsächlich weniger gut genährten Statisten noch gelegentlich ins Bild gesetzte asiatische Zwangsarbeiter (die Lean einst kolonialistisch wohlfeil ignorierte) hinweg. Und auch der Nach-wahren-Begebenheiten-Gütestempel macht diesen Film nicht „realistischer.“
Woran das liegt? Nun, die Entscheidung des deutschen Verleihs, aus dem nüchternen Originaltitel THE RAILWAY MAN das gefühligere DIE LIEBE SEINES LEBENS zu machen, verrät es. Trifft der Titel doch besser, was der Film ist: visuell schnieke, gut genährte Gefühligkeit. Daran ändern auch ausgemergelte Statisten nichts. Im Gegenteil.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.