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Die Liebenden des Polarkreises

Spröde Hymne an die Macht des Zufalls

Der Spanier Julio Medem beginnt seine ungewöhnliche und poetische Liebesgeschichte mit Bildern, die erst ganz zum Schluß Bedeutung erhalten: Umherwirbelndes Zeitungspapier, die rennenden Beine einer Frau, große Augen. Anfang und Ende überschneiden sich auf irgendeinem Punkt des Kreises - dazwischen liegen siebzehn Jahre.

Ana und Otto lernen sich in der Schule kennen - er läuft seinem Fußball hinterher, sie flieht vor ihrer Mutter, die ihr den Tod des Vaters mitteilt. Beide sind sofort fasziniert voneinander, auch wenn sie zunächst kaum ein Wort sprechen. Ana ist davon überzeugt, daß dieser Junge zu ihr gehört und will dem Schicksal ein wenig nachhelfen. Sie macht Ottos Vater mit ihrer verwitweten Mutter bekannt, sie verlieben sich, heiraten - und so werden die beiden Kinder zu Geschwistern.

Medem macht den Polarkreis zur großen Metapher - Ereignisse sind zwingend und doch zufällig aneinander gebunden, wiederholen sich immer wieder. Für die beiden Kinder ist er der ferne, magische Punkt, an dem der Tag durch die Mitternachtssonne nie zu enden scheint. Die Heranwachsenden erleben ihre erste große Liebe, leidenschaftlich und heimlich, verlieren sich aus den Augen und finden im hohen finnischen Norden, am Polarkreis wieder zueinander. Interessant vor allem, wie auch die Erzählperspektive der Idee kreisförmiger Verläufe folgt: abwechselnd wird das Geschehen aus der Sicht von Ana oder Otto gezeigt und von ihren Stimmen aus dem Off kommentiert. Andere Episoden sind beiden Hauptfiguren zugedacht. Gerade dieses dramaturgische Vorgehen führt dazu, daß sich die ansonsten sehr spröden und ausgesprochen kühl fotografierten Bilder im Gehirn einbrennen.

Originaltitel: LOS AMANTES DEL CIRCULO POLAR

Spanien 1999, 112 min
Verleih: Movienet

Genre: Liebe, Poesie

Darsteller: Najwa Nimri, Fele Martinez, Nancho Novo, Maru Valdivielso

Stab:
Regie: Julio Medem
Drehbuch: Julio Medem

Kinostart: 02.11.00

[ Sylvia Görke ]