Im Österreichischen bezeichnet der ursprünglich abwertend gemeinte Ausdruck „Tschusch“ Menschen, die vom Balkan oder aus der Türkei stammen. Mittlerweile benutzen ihn jedoch viele Österreicher mit Migrationshintergrund selbstbewußt, um ihre Herkunft zu unterstreichen. In seinem Spielfilmdebüt DIE MIGRANTIGEN nimmt nun der im Iran geborene und in Wien aufgewachsene Arman T. Riah allerhand Tschuschen-Klischees genußvoll aufs Korn.
Seine beiden Protagonisten Benny und Marko sind so gut integriert, daß ihre Herkunft kaum mehr auffällt. Allerdings würde der Nachwuchsschauspieler Benny gern mal einen „richtigen“ Österreicher spielen – zum Beispiel Mozart – und nicht immer nur arabische Taxifahrer. Vom Hipster Marko hingegen, der seine Werbeagentur gerade gegen die Wand fährt, erwartet ein Auftraggeber, er solle sich für seine Kampagne doch etwas „Tschuschenhaftes“ einfallen lassen. Das Drehbuch will es nun, daß ausgerechnet diese Beiden von der ehrgeizigen Journalistin Marlene Weizenhuber als Vorzeige-Schwerenöter für eine Fernseh-Doku entdeckt werden. Von diesem aus Jux begonnenem Rollenspiel verspricht sich Benny Berühmtheit und Marko die Lösung seiner Geldsorgen. So werden die beiden also für das Fernsehen zu Omar und Tito. Die Hipsterklamotten tauschen sie gegen Jogginganzug, Lederjacke und Bling-Bling-Kette. Passend zum neuen Outfit versorgen sich die zwei Möchtegern-Haudraufs mit kleinkriminellen Lebensläufen. Anregungen dazu holen sie sich bei den vermeintlich schweren Jungs des Viertels.
Natürlich zieht die neue Identität eine ganze Reihe an Verwechslungen und Problemen nach sich, zumal die Bewohner des Viertels zunehmend sauer werden wegen der negativen Berichterstattung. So übt DIE MIGRANTIGEN reichlich Kritik an den Medien, die Vorurteile eher bestätigen statt sie zu hinterfragen. Gleichzeitig begnügt sich der Film jedoch damit, den Vorurteilen eine so heile wie unglaubwürdige Multi-Kulti-Welt entgegenzustellen. Klischee trifft auf Gegenklischee. Die Gags sind dabei eine Spur zu harmlos, um wirklich bissig zu sein, auch holpert die Dramaturgie mitunter vor sich hin. Dafür entschädigen der flotte Schnitt, ein cooler Soundtrack und vor allem die bis in die Nebenrollen spielfreudigen Darsteller.
Wenn Benny und Marko in schönstem Wiener Slang herumgranteln, hat der Film seine stärksten Momente. So ist DIE MIGRANTIGEN bei aller Vorhersehbarkeit der Story ein über weite Strecken amüsanter Trip ins multikulturelle Wiener Universum.
Österreich 2017, 98 min
FSK 12
Verleih: Camino
Genre: Komödie
Darsteller: Faris Rahoma, Aleksandar Petrović, Doris Schretzmayer
Regie: Arman T. Riahi
Kinostart: 07.09.17
[ Dörthe Gromes ]