Normalerweise werden Kinderfilme doch nur gedreht, um die armen Eltern zu peinigen, die nach jedem Kinohit eine neue Aussteuer für ihr Kind zusammentragen: Plüschtiere, Bettzeug, Klamotten, Sticker, Gameboyspiele. Und wenn das alles bezahlt ist, heißt der neue Liebling nicht mehr Pikachu, sondern...
Von Pinocchio wird vermutlich nicht einmal eine Zahnbürste in den Handel kommen. Weil der Film kein Kassenrenner zu werden verspricht. Somit ist ein mäßig besuchter Film schon wieder ein lobenswerter. Ein zweites paradoxes Kriterium, mit dem man heutzutage Kinderfilme beurteilen muß, ist die Frage, ob er Gewalt zeigt oder nicht. Unter diesem Aspekt läßt sich Pinocchio den lieben Kleinen bedenkenlos empfehlen. Löblich ist ferner, daß sich die Reinkarnation einer Marionette in ein leibhaftiges Bürschchen (und umgekehrt) auch ohne den Bildungsvorsprung von Teil1 (DIE ABENTEUER DES PINOCCHIO) als eigenständiger Film zu erkennen gibt.
Ganze Arbeit leistete der Meister des Tricks (ein Beruf, den das Neudeutsch als Visual Effects Supervisor bezeichnet). Er schuf ein farbenprächtiges Panoptikum aus Halbmenschen und -tieren, die jeden Zoologen verlegen machen würden. Dieser Film zählt zu jenen Luxusproduktionen, bei denen Geld sowenig eine Rolle spielt wie eine stringente Fabel. Ein aufwendiges Kostümfeuerwerk, das Fünf- bis Zehnjährige zu begeistern weiß. Bis auf wenige amerikanisierte Entgleisungen ist nichts wirklich störend. Und Udo Kier - der berühmteste Nebendarsteller der Welt - ist hiermit zu einer Hauptrolle gekommen, dies in gleich dreifacher Besetzung. Seine Metamorphosen gegen Ende des Films (Witwe verwandelt sich in den angeblich Verblichenen und dieser in ein Meeresmonster) sind eigentlich überflüssig. Seine Madame Flambeau jedoch ist nicht von schlechten Eltern, als Rolle nur leider von schlechtem Charakter.
D 2000, 82 min
Verleih: Nighthawks
Genre: Kinderfilm
Darsteller: Martin Landau, Udo Kier, Gabriel Thomson
Regie: Michael Anderson
Kinostart: 05.04.01
[ Angela Rändel ]