Schmerzend fährt Strom durch verworrene Drähte in seinen Kopf, Schaum quillt zwischen den Lippen hervor. Diesen Alptraum wird Frantisek nicht mehr los, auch wenn er endlich die Irrenanstalt, sein Zuhause in den letzten Jahren, hinter sich lassen kann. Jetzt sitzt er im Zug und fährt zu seinen einzigen Verwandten, die er noch nie gesehen hat.
Der junge Filmemacher Sasa Gedeon schickt einen großen Jungen in eine kleine Stadt und läßt ihn staunend Zeuge eines verworrenen Liebeskarussels werden. Tapsig wie Frantisek ist, stolpert er in peinliche Situationen, muß sich mit dem Liebeskummer der anderen auseinandersetzen, ohne selbst über Erfahrung in diesen Dingen zu verfügen. Und das alles begleitet Gedeon mit Witz und Ironie, mal deftiger, mal leiser. Mit dem Unschuldsblick des naiven Helden beobachtet er die tschechische Provinz und das Liebesleben von vier jungen Leuten. Wie diese vier - Anna, Emil, Olga und Robert - zueinander gehören, wird nach und nach entschlüsselt, auf Umwegen, und ohne daß sie selbst die Zusammenhänge verstehen. Einzig der Idiot hat den Durchblick, weil niemand Scheu davor hat, sich dem schüchternen Ahnungslosen zu offenbaren.
Gedeon konstruiert seine Geschichte als absurde Folge von Zufällen und Mißverständnissen. Wie bei schlechtem Wetter sieht man die nächste Verwicklung kaum voraus, und das macht Spaß. Vor allem weil er seinen Figuren viel Wärme entgegen bringt. Unangestrengt und wie nebenher entstehen dabei Bilder voller poetischer Kraft: an der Zimmerdecke über Frantiseks provisorischem Nachtlager spiegeln sich Wellen, die Luftmatratze wird zur Sommerwiese. Das erstaunlichste jedoch ist die Hauptfigur, die Disharmonie, Kummer und große Freude wie ein Seismograph erspürt.
Originaltitel: NAVRAT IDIOTA
Tschechien 1999, 100 min
Verleih: Horch & Guck
Genre: Komödie, Poesie
Darsteller: Pavel Liska, Anna Geislerova, Tatiana Vilhelmova
Stab:
Regie: Sasa Gedeon
Drehbuch: Sasa Gedeon
Kinostart: 28.09.00
[ Sylvia Görke ]