Originaltitel: JOUEUSE

F/D 2009, 97 min
FSK 0
Verleih: Concorde

Genre: Drama, Poesie

Darsteller: Sandrine Bonnaire, Kevin Kline, Francis Renaud, Alexandra Gentil

Regie: Caroline Bottaro

Kinostart: 07.01.10

2 Bewertungen

Die Schachspielerin

Eine Dame zieht vorüber ...

Schach, Spiel der Strategen, ist seit jeher auch Metaphernraum für literarische wie filmische Ausflüge. Diesmal haben sich vornehmlich Frauen am Brett, das die Welt bedeutet, zusammengefunden: Bertine Henrichs lieferte mit ihrem Erstlingsroman die Vorlage für den ersten Langfilm von Caroline Bottaro. Ein Debütantinnen-Turnier also, das sich anschickt, dem sogenannten Spiel der Könige eine weibliche Seite abzugewinnen. Höchste Zeit, will man meinen, und verliert sich in Mutmaßungen über Schminkkommoden voller sprunghafter Pferde, pfeilschneller Läufer und opferbereiter Bauern.

Das Klischee aber ist der erklärte Lieblingsfeind dieser sanften Emanzipationsgeschichte. Hélènes Alltag in einem Dorf auf Korsika verläuft in sicheren Bahnen, hat aber wenig Glanz. Netter Ehemann, pubertierende Tochter, der abwechslungslose Putzjob im Hotel. Doch ein amerikanisches Touristenpaar, vom Seewind gestreichelt im Schachspiel versunken, weckt ihre Leidenschaft für das Kräftemessen im Kopf. Nach fruchtlosen Nächten am Schachcomputer faßt Hélène einen Entschluß. Ein Mentor muß her – und sei es auch der bärbeißige Dr. Kröger, kränkelnder Weltmann irgendeiner skandinavischen Herkunft, dem sie die Wohnung saubermacht. Während zu Hause das Essen ungekocht bleibt, üben sie: wann Regeln zu brechen sind – im Spiel und im Leben.

Bottaro wagt, so scheint es, eine zeitgemäße Variante der Flaubertschen Eröffnung. Madame Bovary im ländlichen Blümchenkleid, deren Ansprüche proportional zu ihren neuen Erfahrungen wachsen. Doch eigentlich wagt sie nicht viel. Denn anders als bei Flaubert geht dieses Spiel nicht auf Leben und Tod. Der Einsatz bleibt überschaubar, ebenso wie der Gewinn: ein geordneter Alltag für ein alltäglich werdendes Selbstbewußtsein. Daß sich Bottaro in ihre Hauptdarstellerin verliebt, folgt dem Gesetz der Serie. Welcher Kollege konnte sich je der Großaufnahme enthalten, wenn Sandrine Bonnaire, eine der betörendsten hohen Frauen des französischen Kinoadels, auch nur einen Schuh auszog oder das Haar im Nacken zum Knoten band?

„Die Dame ist die stärkste Figur“, heißt es demzufolge mehrfach und richtig in diesem Film. Königin Bonnaire schlägt König Kevin Kline, erneut Schauspielgast im europäischen Kino, mit Links. Aber was macht inzwischen die wenig geforderte Rechte? Sie nestelt verlegen am Blümchenkleid ...

[ Sylvia Görke ]