Originaltitel: LES PLUS BELLES ANNÉES D’UNE VIE

F 2019, 90 min
FSK 12
Verleih: Wild Bunch

Genre: Drama, Liebe

Darsteller: Anouk Aimée, Jean-Louis Trintignant, Souad Amidou, Antoine Sire, Monica Bellucci

Regie: Claude Lelouch

Kinostart: 02.07.20

2 Bewertungen

Die schönsten Jahre eines Lebens

Fünf Jahrzehnte? Gestern war’s ...

Es ist eine brillante Idee, die sich oft in kreativen Kinoköpfen einnisten dürfte: Wie wäre es, nach Jahrzehnten ein Sujet wieder aufzunehmen, die Hauptrollen mit denselben Akteuren zu besetzen und zu schauen, was aus den Figuren geworden ist? Dumm nur, wenn sich keiner an den ersten Film erinnert! Unmöglich, wenn es inzwischen personelle Verluste gab! Claude Lelouch mußte sich nicht sorgen. EIN MANN UND EINE FRAU von 1966 gilt als unumstößlich in der Gattung der Liebesfilme, Anouk Aimée (mit Verlaub, 88 Jahre alt) und Jean-Louis Trintignant (89, Chapeau!) sind noch im Fach. Es dürfte nicht despektierlich sein, könnte man sich DIE SCHÖNSTEN JAHRE EINES LEBENS als Punkt unter zwei Filmleben vorstellen.

Diese doofe Erinnerungsgymnastik! Die Insassen eines gepflegten Pflegeheimes üben Jahreszahlen, Jean-Louis Duroc schaut zu und lächelt mild. Er bastelt sich lieber selbst die Erinnerungen zusammen, für die heftigen Kurzzeit-Lücken, die ihm das Alter reißt, kann er nichts. Rennfahrer war er. Und Schürzenjäger, wie Anne Gauthier anzumerken weiß, als sie in der Normandie Besuch bekommt.

Es ist Antoine, Durocs Sohn, den es damals schon gab, als sich ein Mann und eine Frau begegneten und eine Liebe begann, die größer werden sollte, als sie ahnen und leben konnten. Auch Anne hatte eine Tochter im gleichen Alter, die Kinder gingen aufs Internat in Deauville. Antoine bittet Anne, den Vater zu besuchen, um ihm auf die Sprünge zu helfen. Söhne tun so etwas, Töchter wohl auch. Sie wollen, daß es den Eltern besser geht. Mehr sei gar nicht gesagt an dieser Stelle. Denn natürlich kommt es zur Wiederbegegnung, wird er sie zunächst nicht erkennen, aber nach und nach erfühlen, jene Frau, der er, wie er sagt, damals nicht gewachsen war.

Die stille Kraft des Wahrhaftigen, feine Poesie in Bildern, Madame Aimée und Monsieur Trintignant sowieso, das stimmige Verflechten von Szenen und Musik aus dem Ur-Werk sowie viele zu Herzen gehende Momente und Dialoge (Er: „Sind Sie Kardiologin?“ Sie: „Wenn ich verliebt bin, ja!“), dieses eigene Schweben eben lassen DIE SCHÖNSTEN JAHRE EINES LEBENS wunderbar pulsieren. Und Claude Lelouchs ersten Versuch verblassen, denn nach genau zwei Jahrzehnten hatte er seine Geschichte von 1966 schon einmal weiterverfolgt. Erst jetzt war sie abgehangen genug.

[ Andreas Körner ]